Der Klima-Papst
Doch es wäre der krönende Abschluss eines bislang einmaligen Vorgangs. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich kein Papst derart nachdrücklich und konkret für das Zustandekommen eines internationalen Abkommens eingesetzt.
Franziskus veröffentlichte im Juni eine Umweltenzyklika, mit der er den Klimaschutz zur Forderung des kirchlichen Lehramts erhob. Dabei beschränkte er sich nicht auf allgemeine Prinzipien, sondern nannte konkrete Ziele, etwa den vollständigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Nur Fristen nannte er nicht. Ausdrücklich wollte der Papst sein Schreiben auch als Beitrag zur Weltklima-Konferenz in Paris verstanden wissen. Früheren Klima-Konferenzen wirft er in der Enzyklika Erfolglosigkeit vor.
Ärmere Staaten berücksichtigen
Bei der Enzyklika blieb es nicht. Der Papst ging auch dorthin, wo über den Klimaschutz entschieden wird: Im September forderte er vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz, Ende November bekräftigte er dies während eines Besuchs am Sitz des UN-Umweltprogramms in Nairobi. Dazu kommen ein Dutzend weiterer Appelle und Äußerungen - zuletzt am Sonntag beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz. Immer wieder machte sich der Papst zum Anwalt der ärmeren Staaten und forderte ihre angemessene Berücksichtigung bei den Klima-Verhandlungen. In Paris ist der Vatikan mit einer eigenen Delegation vertreten, die von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin geleitet wird, dem "zweiten Mann" nach dem Papst.
Auch der Vatikan selbst begnügte sich nicht mit einer Beobachterrolle. Der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden organisierte einen gemeinsamen Appell von Bischöfen aller Kontinente an die Weltklima-Konferenz. So etwas hatte es zuvor noch nie gegeben. Der Appell wurde Ende Oktober im Vatikan von den Vorsitzenden der kontinentalen Zusammenschlüsse der nationalen Bischofskonferenzen vorgestellt. Die Bischöfe fordern darin unter anderem einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis zum Jahr 2050.
Der Streit über den Klimaschutz machte allerdings auch vor der katholischen Kirche nicht halt. Das zeigte nicht zuletzt die Präsentation des Appelles, die ohne einen Vertreter Nordamerikas auf dem Podium stattfand. Bereits die Kritik konservativer Katholiken aus den USA an der Umweltenzyklika "Laudato si" offenbarte, dass die geografischen Konfliktlinien innerhalb der Kirche in dieser Frage nicht anders verlaufen als in der Politik.
Auffällig war zudem, dass der gemeinsame Appell der Bischöfe aus aller Welt eine Festlegung auf eine maximal zulässige Erderwärmung vermied. Die konkreteren Forderungen wolle man den Wissenschaftlern überlassen, hieß es. Bezeichnenderweise sprach sich nur der Vertreter der katholischen Kirche Ozeaniens bei der Vorstellung des Appells im Vatikan für eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad aus. Angepeilt ist eine Begrenzung auf zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 1850.
"Zwei-Grad-Vorgabe" in Paris als Minimalziel
Der Vatikan selbst bezeichnete die "Zwei-Grad-Vorgabe" in Paris als Minimalziel, hat sich aber offenbar damit abgefunden. Wünschenswerter wären 1,5 Grad - "und selbst dann werden einige Inselstaaten sagen: Das ist nicht ausreichend", sagte Kurienkardinal Peter Turkson am Dienstag.
Bei aller Konkretheit seiner Forderungen hat Papst Franziskus nie einen Zweifel daran gelassen, dass die eigentliche Lösung des Klima-Problems weder in Paris noch bei irgendeinem anderen Klima-Gipfel gefunden werden kann. Nötig ist dazu aus seiner Sicht vor allem ein veränderter Lebensstil in den Konsumgesellschaften.