Verhärtete Fronten kommen in Bewegung
In der Sache sind die Positionen indes unverändert. Der Initiativkreis "Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale" fordert den Erhalt des bestehenden Innenraums. Dies betrifft vor allem die zentrale Bodenöffnung mit Treppe zur Unterkirche. Die architektonische Besonderheit wurde vor 50 Jahren beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt. Sie steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen.
Streit um eine Bodenöffnung
Für das Projekt hatte Kochs Amtsvorgänger, Kardinal Rainer Maria Woelki, einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Er sollte dazu beitragen, dass die Sanierung auch die heutigen kirchlichen Vorgaben für Gottesdienste berücksichtigt. Der siegreiche Entwurf der Architektenbüros Sichau und Walter sowie ihres Kooperationspartners Leo Zogmayer sieht vor, die Bodenöffnung zu schließen. Dafür soll der Altar ins Zentrum rücken und von Stühlen kreisförmig umgeben werden. Die Umsetzung dieses Konzepts würde nach Angaben des Erzbistums bis zu 43 Millionen Euro kosten.
Die Kritiker halten dagegen, dass auch die gegenwärtige Raumgestalt den liturgischen Erfordernissen entspricht. Sie legten einen Sanierungsvorschlag mit "behutsamer Weiterentwicklung" der Raumgestalt vor, der nach ihrer Einschätzung 4,1 Millionen Euro kostet. Erzbischof Koch hat für den kommenden Sommer eine grundsätzliche Entscheidung über einen Umbau angekündigt. Zuvor sollen wichtige Gremien des Erzbistums ihre Voten dazu abgeben.
Meyer begrüßte nun den Kurs des neuen Erzbischofs. Das am Dienstag erfolgte Symposium von Architekten, Denkmalschützern und Theologen, an dem er selbst teilnahm, sei "keine Alibi-Veranstaltung" gewesen. Die Diskussion sei ernsthaft und auf hohem Niveau gewesen. Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken hob vor allem hervor, dass der historische Rang der gegenwärtigen Kathedralfassung nun unstrittig sei.
Der westdeutsche Architekt Hans Schwippert (1899-1973) hatte die ungewöhnliche Bodenöffnung zwei Jahre nach dem Mauerbau in der Bischofskirche angelegt, die im damaligen Ost-Berlin steht. Dies wurde als Zeichen kirchlicher Einheit im geteilten Deutschland interpretiert.
Trotz der jüngsten Annäherung wollen sich Kritiker eines Umbaus weiter auch mit demonstrativen Aktionen Gehör verschaffen. So versammelten sie sich bereits während des nichtöffentlichen Symposiums zu einem Gottesdienst in der Kathedrale. Anschließend hielten sie davor eine "Mahnwache".
Antrag auf Verfahren gegen früheren Diözesanadministrator Przytarski
Nach Angaben der Umbau-Kritiker wurde zudem ein "Rekursverfahren" gegen den früheren Diözesanadministrator und heutigen Generalvikar des Erzbistums, Tobias Przytarski, in Rom beantragt. Zur Begründung hieß es, dass Przytarski zwischen den Amtszeiten von Woelki und Koch seine damaligen Kompetenzen überschritten habe, indem er 1,5 Millionen Euro für die Vorbereitung der Kathedralsanierung genehmigt habe. Ein Diözesanadministrator darf keine Entscheidungen treffen, die den neuen Bischof binden würden.
Bistumssprecher Stefan Förner bestätigte die Tatsache eines solchen Verfahrensantrags. Es habe danach aber "keine Maßnahmen aus Rom" gegeben. Zu den Initiatoren des "Rekursverfahrens" wollten sich weder der Bistumssprecher noch der Leitungskreis der "Kathedralfreunde" äußern.
Erzbischof Koch rief unterdessen zur Dialogbereitschaft auf. Er finde es gut, dass auch die Kritiker "ihre Bedenken vorbringen und die Sorgen vieler Menschen zum Ausdruck bringen". Zugleich mahnte er alle Seiten zur Bereitschaft, auch eine solche Entscheidung mitzutragen, "die persönlich nicht gefällt". Wörtlich betonte Koch: "Es kann nicht sein, dass der Bau einer Kirche aus Stein die lebendige Kirche auseinanderreißt".