Weihnachten für alle
Im Jahr darauf, 2007, lud die Familie Bruder in Speyer zur "Aktion Weihnachtslicht", einer gemeinsamen Weihnachtsfeier für die, die keinen Ort oder keine Menschen haben, mit denen sie feiern können. Ellen Korelus-Bruder, Rubens Mutter, hat die Organisation angeleiert, die Söhne sind tatkräftig dabei - und mittlerweile, scheint es, die halbe Stadt.
Am Anfang waren es gerade mal 20 Menschen, die zusammenkamen, im vergangenen Jahr schon 120, die gemeinsam im Gemeindezentrum der evangelischen Johanneskirche Weihnachten feierten - Alte und Alleinstehende, Behinderte, Alleinerziehende mit ihren Kindern, Flüchtlinge, Obdachlose und die Polizeistreife, die im Dienst ist, kommt auch immer vorbei. Die Religionszugehörigkeit ist den Bruders egal. "Wir laden alle ein. Jeder, der an dem Abend ein Problem hat, kann zu uns kommen", sagt Ellen Korelus-Bruder.
Viele helfen mit für das gemeinsame Weihnachten
Viele Menschen helfen mit, dass dieses Weihnachtsfest gelingen kann. Die evangelische Kirche stellt einen Raum, eine türkische Frauengruppe macht Salat, ein muslimischer Metzger spendet Würstchen. Auch die katholische Kirche und freikirchliche Gruppen sind an Bord, viele sammeln Geld, Sachspenden und Geschenke. Im vergangenen Jahr halfen auch Vertreter der jüdischen Gemeinde - und feierten mit. Ein Arzt aus Speyer und andere Spender bestellen jedes Jahr in einem nahegelegenen Hotel Rotkraut, Klöße und gebratene Gänse.
Jeder, der kommt, kriegt ein Geschenk - und bringt etwas mit für den Christbaum. "Ein Förster spendet einen Baum, der bekommt ein paar Kugeln und Kerzen, so eine Art Grundschmuck. Aber wir bitten alle, die kommen, etwas mitzubringen für den Baum", erzählt Korelus-Bruder. Er sieht dann bunt und auch ein bisschen kurios aus - aber alle, die da sind, haben etwas dazu beigetragen.
Es sind kleine Geschichten, die das Herz erwärmen. Zwei Frauen, die in derselben Straße wohnen, sich aber erst bei der "Aktion Weihnachtslicht" kennenlernten, sind jetzt dicke Freundinnen, gehen zusammen ins Theater und fahren gemeinsam in Urlaub. Auch ein Liebespaar hat sich schon gefunden. Gerührt ist Korelus-Bruder von Kindern, die ihre eigenen Puppen oder Spielzeugautos weiterverschenken und Willkommensbriefe für Flüchtlingskinder schreiben. "Die Kinder sagen dann zum Beispiel auch dazu, wie ihre Puppe heißt, damit sie weiter den selben Namen trägt."
Die Geschenke verteilt Ruben im Weihnachtsmannkostüm. Da wird viel gelacht und Schabernack gemacht. Doch es ist auch Platz für Wehmut, Ruhe, Besinnlichkeit. "Fast alle haben ein großes Bedürfnis zu singen", berichtet Korelus-Bruder. Weihnachtslieder bewegen die Menschen, die ein oder andere Träne fließt, Migranten bringen Lieder aus ihrer Heimat mit, Gedichte werden rezitiert.
Das Weihnachtslicht, das Hoffnung macht
Am 23. Dezember kommen mehr als zwei Dutzend Helfer zusammen, die den Baum aufstellen, den Raum vorbereiten, Geschenke annehmen und, falls noch nicht geschehen, einpacken. Auch manche der Gäste kommen schon am Vortag, um zu helfen. "Das ist gut, es ist dann noch mehr unser gemeinsames Fest", ist Korelus-Bruder überzeugt. Am Heiligen Abend selbst sind es dann natürlich etwas weniger Menschen, die unterstützen können. Manche kommen am Anfang und gehen dann nach Hause, um dort mit der Familie zu feiern. "Als wir das zum ersten Mal gemacht haben, war ich 19, mein Bruder 24", erzählt Ruben, "da hatten wir nicht die Herausforderung, dass wir kleine Kinder in der Familie hatten." Er hat volles Verständnis für diejenigen, die nicht den ganzen Abend bleiben. Und doch - er selbst kann sich Weihnachten gar nicht mehr anders vorstellen.
"Wir empfinden Weihnachten als richtig so", sagt auch seine Mutter. Eine eigene Familienweihnachtsfeier gibt es längst nicht mehr im Hause Bruder. "Das Weihnachten mit den Menschen, die sonst niemanden haben, ist jetzt auch für uns als Familie unser Weihnachten." Wie alle, die zur "Weihnachtslicht"-Feier kommen, nehmen sich die Bruders nach der Feier eine Kerze mit nach Hause: Das Weihnachtslicht, das vielen Menschen in Speyer Hoffnung macht. Dank Ruben und seiner Familie.