Absurde Diskussionen um Spaniens traditionelle Dreikönigsumzüge

Echte Frauen, unechte Mohren

Veröffentlicht am 04.01.2016 um 00:01 Uhr – Von Andreas Drouve (KNA) – Lesedauer: 
Brauchtum

Madrid/Pamplona  ‐ Die prunkvollen Dreikönigsumzüge in Spanien haben eine Lawine von Diskussionen und Polemik losgetreten. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob und wie eine Frau einen "König" darstellen darf. Die Geschichte einer Debatte mit surrealen Zügen.

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Solche Traditionen erhalten im Zuge der geschlechtlichen und sozialen Gleichberechtigung nun ihre "Updates". So wird bei zwei Stadtbezirksumzügen in der Hauptstadt Madrid hoch auf den Festwagen jeweils eine Frau mitfahren. Als "König" oder als "Königin"? Die Debatten, ob das zeitgemäß oder doch nur übertrieben ist, haben Verwirrung gestiftet - und teils surreale Züge angenommen.

Grünes Licht für die Frauen

Der Vorstoß für die neuartigen Besetzungen der Festwagen stammt von Vertreterinnen der Bürgerpartei Ahora Madrid, die seit Mitte 2015 mit Manuela Carmena die Bürgermeisterin stellt. Es geht um die Umzüge in den Stadtbezirken San Blas-Canillejas und Puente de Vallecas, wo die Organisationskomitees der Umzüge bereits Grünes Licht für jeweils eine Frau gegeben haben.

Das Häusermeer einer großen Stadt
Bild: ©VanderWolf Images/Fotolia.com

Ein Häusermeer: Spaniens Hauptstadt Madrid.

Esperanza Aguirre, die Sprecherin der konservativen Volkspartei Partido Popular im Madrider Stadtrat, sieht in der Initiative einen weiteren Schritt, "christliche Traditionen zu beenden", und zwar "auf Kosten der Kinder". Aguirre und Begona Villacis, Sprecherin der Bürgerpartei Ciudadanos im Stadtrat - beide gleichwohl vehemente Befürworterinnen der Gleichberechtigung - werten das Vorhaben unisono als "sinnlos".

Dagegen steht der sozialistische Stadtratsvertreter Antonio Miguel Carmona hinter der Idee der Bürgerpartei: "Wenn Frauen die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen und über die Hälfte der Intelligenz, dann müssen sie gleicherweise an jedweder Feierlichkeit teilnehmen dürfen." Abgesehen davon wisse man, dass hinter den Drei Königen eh nur "Träume" stünden.

Für Diskussionsstoff sorgten selbst mögliche neue Namen für Caspar, Melchior und Balthasar. Dabei wollen die auserwählten Frauen gar nicht, wie zunächst vermutet, als Königinnen in Aktion treten, sondern als Könige verkleidet, Gewänder und Bärte inklusive. "In keinem Moment wollten wir die Geschichte der Drei Könige abändern", hieß es in einer Stellungnahme aus dem Madrider Rathaus.

„Wenn Frauen die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen und über die Hälfte der Intelligenz, dann müssen sie gleicherweise an jedweder Feierlichkeit teilnehmen dürfen.“

Diskussionen anderer Art herrschen derzeit im nordspanischen Pamplona. Der Stadtrat hat mehrheitlich dafür gestimmt, dass beim Festumzug ein "echter Schwarzer" und kein geschminkter Weißer mehr den König Balthasar darstellen sollte. Dahinter steckt der Gedanke, ein Zeichen der Integration zu setzen. Über das rechtlich nicht bindende Anliegen muss das Festkomitee kurzfristig entscheiden.

Ein Bad in der Menge

Die Konstellation will, dass ausgerechnet der Vorsitzende des Festkomitees, Fernando Lizaur, seit vielen Jahren als König Balthasar ein Bad in der Menge nimmt, welches er sich mutmaßlich ungern wird nehmen lassen.

Und das nicht nur beim Prunkumzug am Abend des 5. Januar, sondern bereits zur Mittagszeit, wenn er hoch zu Kamel durch das Stadttor einreitet, begleitet von Tanzgruppen, Fahnenschwenkern und Kapellen. Den Aufruf zum Wechsel von "angemalt" zu "authentisch" betreibt eine Online-Petition auf www.change.org an. Eine ähnliche Petition vor zwei Jahren verlief freilich noch erfolglos.

Linktipp: "Ein enormes Engagement"

Auch 2016 sammeln sie wieder Spenden und schreiben den traditionellen Segen an die Haustüren. Im Interview erläutert der Präsident des Kindermissionswerks "Die Sternsinger", Klaus Krämer, die Ziele der Aktion Dreikönigssingen.
Von Andreas Drouve (KNA)