Was jetzt getan werden muss
Es wäre naiv anzunehmen, eine Aufgabe dieser Größenordnung ließe sich ohne Konzepte und Planungen lösen. Die gegenwärtige Bereitschaft der Bürger, die ankommenden Flüchtlinge zu unterstützen, - auch das zeigt Köln - ist sicherlich herausragend und eine gute Voraussetzung für einen Integrationsprozess, aber sie reicht nicht aus!
Folgeprobleme der Unterbringung nicht ausblenden
Die Bemühungen von Politik und Verwaltung jedoch sind zur Zeit vornehmlich auf die Unterbringung der Asylsuchenden beschränkt. Was wegen der Aktualität der Ereignisse als verständlich erscheint, ist aber mit Blick auf die Integration fragwürdig. Nicht selten werden bei der Entscheidung für Standorte von Flüchtlingswohnheimen Situationen beschönigt und mögliche Folgeprobleme ausgeblendet. Die für eine nachhaltige Integration wesentliche Frage, ob und wie viele Flüchtlinge man einem Nahraum mit Blick auf sein soziales Gleichgewicht zuweisen kann, tritt zu schnell in den Hintergrund.
Themenseite: Auf der Flucht
Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.In Verwaltungsvorlagen wird auf bestehende Kindergarten- und Schulangebote im Umfeld neuer Flüchtlingswohnheime verwiesen, obwohl bekannt ist, dass sie keine zusätzlichen Aufnahmekapazitäten haben. Nicht anders verhält es sich, wenn es um den Ausbau der örtlichen Sozialarbeit geht. Sie ist zwingend notwendig für eine gleichzeitige Integration so vieler Menschen. Investitionen dieser Art bleiben aber zumeist unberücksichtigt, weil sie mit Blick auf die wirtschaftlichen Engpässe der Kommunen als utopisch erscheinen. Auch wenn solche Vorgehensweisen in den meisten Städten und Kreisen dem großen Handlungsdruck geschuldet sind, bleibt die Feststellung, dass dies keine günstigen Ausgangsvoraussetzungen für den Integrationsprozess der Flüchtlinge sind! Deshalb wird es jetzt wichtig – nachdem die Erstaufnahme so vieler Flüchtlinge bereits gelungen ist – konzeptionell an der Integration der Flüchtlinge zu arbeiten und möglichen Fehlentwicklungen vorzubeugen.
An Maß und Umfang dieser Aufgabe wird deutlich, dass für eine nachhaltige Integration dasselbe gelten wird wie für die gegenwärtige Aufnahmesituation der Flüchtlinge. Die Kommunen stehen vor Herausforderungen, die sie allein nicht lösen können! Es braucht auch hier einen Schulterschluss von Staat und Gesellschaft. Ohne ihn wird sich eine gelungene Eingliederung von einer Millionen Menschen nicht realisieren lassen. Das aber setzt voraus, dass die Bevölkerung an Planungen beteiligt und in Prozesse eingebunden wird. Die Bürger brauchen eine konkrete Idee davon, wohin die Aufnahme von Flüchtlingen führt und wie sich Konflikte und Spannungen vermeiden lassen. Anderenfalls wird ihre Bereitschaft zur Hilfe und Beteiligung einbrechen und die Stimmung in der Bevölkerung kippen.
Der Bürger akzeptiert, dass die Integration von Flüchtlingen viele Jahre unsere staatlichen und gesellschaftlichen Kräfte herausfordern wird. Doch er fürchtet, dass sich die Flüchtlingssituation zu einer Dauerkrise entwickeln könnte. Also ist es jetzt erforderlich, Vertreter von Staat und Gesellschaft, auch von Flüchtlingen, zusammenzuführen, um Masterpläne für die Integration von Flüchtlingen zu entwickeln. In ihnen muss ehrlich definiert werden, was in den verschiedenen kommunalen Räumen für die Integration benötigt wird und wie dieser Bedarf realisiert werden kann. Hier sind die Bürgermeister und Landräte, sowie die örtlichen Parlamente in der Pflicht. Von ihnen sollte die Initiative zu den kommunalen Masterplänen ausgehen.
Bedeutsam für den zivilgesellschaftlichen Schulterschluss wird sein, dass die kommunalen Verwaltungen und politisch Verantwortlichen hinreichend die Kompetenzen und die Ressourcen wertschätzen, die in der Gesellschaft vorhanden sind. Es fällt den staatlichen Institutionen - das ist eine Erfahrung in der Flüchtlingshilfe - nicht immer leicht, mit gesellschaftlichen Kräften zusammenzuarbeiten. Nicht selten hört das Denken auf, wo staatliche Möglichkeiten enden. Es wird Kreativität und viel Fingerspitzengefühl, wirkliche Partizipation und konkrete Vorstellungen brauchen, damit die Bürger mit Ideen, Taten und am Ende auch mit Geldmitteln dort einspringen, wo der Staat vor Grenzen steht. Die beeindruckenden Beispiele der Willkommenskultur und des großen gesellschaftlichen Engagements in der Flüchtlingshilfe zeigen aber, dass die meisten Bürger bereit sind, ihren Beitrag für eine gelungene Integration zu leisten. Das müssen die Kommunen systematisch nutzen!
Integration als gemeinsame Herausforderung verstehen
Gleichwohl darf nicht der Eindruck entstehen, der Staat überlasse die Aufgabe der Integration dem Bürger. Bund, Länder und Kommunen müssen deutlich signalisieren, dass sie über die Soforthilfe hinaus erhebliche Finanzmittel auch für die nachhaltige Integration der Flüchtlinge bereitstellen. Nur so wird glaubhaft, dass die Integration als gemeinsame Herausforderung aller Kräfte im Land verstanden wird und die Politik sich selbst der Tragweite dieser Aufgabe bewusst ist. Die in den Kommunen erstellten Masterpläne könnten dabei zukünftig als Grundlage für die Beantragung staatlicher Fördermittel dienen. Das könnte ein Anreiz für kluge Planungen vor Ort sein. Wo gute Masterpläne erarbeitet werden, wird zusätzlich gefördert!