Ulrich Waschki über Angriffe auf Flüchtlingsheime

Entschieden gegen Wutbürger

Veröffentlicht am 23.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Ulrich Waschki – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Ulrich Waschki über Angriffe auf Flüchtlingsheime

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Empörung und Ratlosigkeit sind groß. Was bringt Menschen dazu, voller Hass gegen Flüchtlinge zu demonstrieren oder den Brand einer Asylbewerberunterkunft zu bejubeln? Sicher haben die Ereignisse von Clausnitz und Bautzen eine ostdeutsche Komponente. Etwa dass sich viele Menschen in der ehemaligen DDR immer noch als Verlierer der Wende sehen, der Demokratie misstrauen. Hinzu kommt die Angst, knappen Wohlstand mit Flüchtlingen teilen zu müssen. Und die mangelnde Erfahrung mit Menschen anderer Nationalitäten, weil der Ausländeranteil hier oft niedriger ist als im Westen. Dennoch wäre es falsch, die Geschehnisse als rein ostdeutsche Phänomene abzutun. Im Januar wollten SPD-Ortsvereine gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft demonstrieren – in Essen.

Die Bilder aus Clausnitz lassen Erinnerungen an die 1990er Jahre hochkommen. Damals hießen die Orte Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda. In Solingen und Mölln starben Menschen. Die Gründe für solche Taten sind vielschichtig. Frust, Perspektivlosigkeit, Egoismus, Minderwertigkeitsgefühle und Angst. Damals war der Nährboden eine gesellschaftliche Debatte, die mit Ängsten vor Überfremdung spielte. Eine Debatte, wie wir sie heute wieder erleben. Manche Politiker und Journalisten schüren Angst, wenn sie durch die Flüchtlinge Deutschland vor dem Untergang sehen und täglich neue Varianten ihrer "Das Boot ist voll"-Rhetorik testen. Viele Wortmeldungen zu Obergrenzen oder nationalen Alleingängen sind ebenfalls eher geeignet, Angst zu schüren als konstruktive Lösungen anzuregen. Wer andauernd Untergangsszenarien verbreitet, muss sich nicht wundern, dass Menschen das als Legitimation sehen, um weiter zu gehen. Manche nur mit Worten, andere auch in Taten.

Wenig hilfreich ist auf der anderen Seite eine sich überbietende Empörungsrhetorik. "Das sind keine Menschen, die so was tun", sagte Ministerpräsident Tillich. Anderen das Menschsein abzusprechen geht nicht. Wir dürfen uns von den Wutbürgern weder deren Angst noch deren Diskussionsstil aufzwängen lassen. Ihnen gilt es, entschieden entgegen zu treten. Mit den Mitteln des Rechtsstaats. Aber vor allem im Büro, am Stammtisch, beim Sport. Mit Solidarität in Worten und Taten. Zeigen wir dem braunen Mob: Wir sind das Volk!

 

Der Autor

Ulrich Waschki ist Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Ulrich Waschki