In Schaltjahren finden im Heiligenkalender komplizierte Verschiebungen statt

Das Problem der Schalttagesheiligen

Veröffentlicht am 29.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Kilian Martin – Lesedauer: 
Kirchenjahr

Bonn ‐ Manche Menschen können ihren Geburtstag eigentlich nur alle vier Jahre feiern: Sie haben am 29. Februar Geburtstag. Auch die Kirche gedenkt an diesem Tag einiger Heiliger. Aber was geschieht mit deren Gedenktag zwischen den Schaltjahren?

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"Man mag sagen, was man will, so ist ein Mensch, der nur alle vier Jahre einen Geburtstag hat, immer kein Mensch wie andere", schrieb der Physiker und Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg im 18. Jahrhundert. In seinem bissig-witzigen Essay "Trostgründe für die Unglücklichen, die am 29sten Februar geboren sind" vereinte er seinen Spott über die Betroffenen mit einer rechnerischen Lösung ihres Problems: Der genaue Sonnenstand zum Zeitpunkt der Geburt kehre nämlich in Nichtschaltjahren entweder am 28. Februar oder am 1. März wieder. Eine Geburtstagsfeier an einem dieser beiden Tage wäre also gar nicht wirklich verschoben, sondern vielmehr astronomisch korrekt terminiert. "Der Unwissende glaubt, er irre, da er doch nicht irrt."

Heutzutage feiern viele Menschen, deren Geburt auf einen 29. Februar fiel, ihren Jahrestag schlicht in jedem Jahr am letzten Tag im Februar, zumeist also am 28. des Monats. In ähnlicher Weise verfährt die Kirche mit den wenigen Heiligen, derer sie sonst eigentlich nur alle vier Jahre gedenken könnte. Dies gilt etwa für die heilige Antonia von Florenz. Die Klarissin lebte im 15. Jahrhundert und gründete in L'Aquila in den Abruzzen ein neues Kloster, wo sie der Überlieferung nach an einem 29. Februar starb. Dieses Todesdatum teilt sie mit dem heiligen Papst Hilarius (5. Jahrhundert) und dem heiligen Oswald von Worcester (10. Jahrhundert).

Cäsar führte den Extra-Tag im Februar ein

Diese "Vorverlegung" der Heiligenfeste klingt pragmatisch, tatsächlich liegt ihr aber eine komplexe Regel zugrunde. Die Kirche orientiert sich nämlich bei ihrer Kalenderordnung und daraus folgend auch bei der Datierung der Heiligenfeste an den Schaltregeln des julianischen Kalenders. Der römische Kaiser Gaius Julius Cäsar hatte dereinst festgestellt, dass das Sonnenjahr etwas mehr als 365 Tage dauert und daher angeordnet, dass dem Kalender zum Ausgleich alle vier Jahre ein Tag hinzuzufügen sei. Papst Gregor XIII. korrigierte mit seiner Kalenderreform Ende des 16. Jahrhunderts zwar einen mathematischen Fehler in der Schaltregel Cäsars. Deren bis heute gültige Grundregel, wonach der Februar in glatt durch vier teilbaren Jahren um einen Tag verlängert wird, behielt er jedoch bei.

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Sowohl im julianischen, wie auch später im gregorianischen Kalender war der eigentliche Schalttag bereits der 24. und nicht wie heute der 29. Februar. Nach alter römischer Tradition hatten nur drei Tage im Monat einen eigenen Namen: die "Kalenden" am ersten Tag des Monats, die "Nonen" am neunten Tag und die "Iden" in der Monatsmitte; die übrigen Tage wurden von diesen Daten ausgehend gezählt. Der 24. Tag im Februar hieß demnach "ante diem sextum kalendas martias", also "sechster Tag vor dem ersten März"; und dieser wurde in Schaltjahren einfach zweimal gezählt als "ante diem bis sextum kalendas martias", "zweiter sechster Tag vor dem ersten März". Es schloss sich dann der 25. Monatstag als "fünfter vor dem ersten" an und so weiter. Genau genommen existierte ein 29. Februar also gar nicht.

Ein Tag für viele Heilige

Es wurde also nicht, wie nach heutiger weltlicher Logik, ein weiterer Tag in den Kalender eingeschoben, sondern das Jahr bestand weiterhin aus den gleichen 365 Tagen, wovon einer eben doppelt existierte. Was aber geschah nun mit diesem doppelten Tag im Heiligenkalender? Der "erste" 24. Februar im Schaltjahr wurde schlicht zu einem allgemeinen Gedenktag für eine namentlich nicht genannte "große Zahl" Heiliger erklärt. Am "zweiten" 24. Februar – also dem 25. Tag im Februar – setzte dann der Heiligenkalender wieder wie gewohnt ein. Der Vorteil dieser komplizierten Vorgehensweise liegt auf der Hand: Der Kalender sieht in jedem Jahr gleich aus, egal ob Schaltjahr oder nicht.

Bleibt schließlich die Frage, wie es dann möglich ist, dass Heilige an einem 29. Februar gestorben sein können, den es ja nach der damaligen Zeitrechnung eigentlich gar nicht gab. Die Antwort darauf ist denkbar simpel: Die genannten Hilarius (+468), Oswald (+992) und Antonia von Florenz (+1472) starben in Schaltjahren am letzten Tag im Februar, also dem Tag "vor dem ersten März". Nach heutiger Kalenderordnung ist das der 29. Februar.

Von Kilian Martin