Schulministerin Löhrmann fordert christlich-islamischen Dialog auf Augenhöhe

Angst ist kein Ratgeber

Veröffentlicht am 05.02.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Integration

Bad Honnef ‐ Der islamische Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen ist laut Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) ein wichtiger Bestandteil eines "Dialogs des Handelns" zwischen Christen und Muslimen. Es gehe darum, "Räume für Begegnung" zu schaffen, vor allem für Kinder, sagte die Ministerin am Dienstag auf einer Tagung zu christlich-islamischer Ethik im katholisch-sozialen Institut in Bad Honnef. Zugleich kritisierte Löhrmann, dass das Wort "Dialog" heutzutage zu inflationär und vage gebraucht werde.

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Dialog sei weder reiner Informationsaustausch oder Überzeugungsarbeit, so die Ministerin und stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin. Ernsthafter Dialog müsse Verschiedenheit ernst nehmen und anerkennen sowie auf Augenhöhe stattfinden. "Das Andere, das Neue darf einfach sein", erläuterte Löhrmann. Obgleich die Menschen oft Angst vor dem Fremden hätten, dürfte diese Angst kein Ratgeber sein. "Ängste entstehen nicht durch zu viele, sondern zu wenige Begegnungen."

Vorbild Abraham

Im Anschluss wandte sich Löhrmann gegen den oft geäußerten Vorwurf, Religionen seien der Ursprung des Übels zwischen den Kulturen. Zwar gingen Fundamentalisten auf Konfrontationskurs, doch gebe es viele Beispiele, die zeigten, wie Religionen konstruktiv miteinander umgehen. Zugleich mahnte die Grünen-Politikerin an, wachsam gegenüber extremen Positionen zu sein. Vor allem im Internet werde auch in religiösen Dingen mitunter hart übereinander hergefallen und sich wüst beschimpft.

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann spricht am 05.02.13 im KSI Bad Honnef auf einer Tagung zu christlicher und islamischer Ethik.
Bild: ©Christoph Meurer

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) spricht am 05.02.13 im KSI Bad Honnef auf einer Tagung zu christlicher und islamischer Ethik.

Die Figur des Abraham sei eine gute religiöse Begründung für ein friedliches Auskommen zwischen den großen Religionen, so Löhrmann weiter. "Abraham wird von Christen, Juden und Muslimen anerkannt", sagte Löhrmann. Durch seine vielen Reisen sei er auch eine Art Migrant gewesen. "Eigentlich sind es Menschen wie Abraham, die wir für einen erfolgreichen interreligiösen Dialog brauchen", resümierte die Ministerin in Bad Honnef.

Nach der Einführung des islamischen Religionsunterrichts ist laut Löhrmann die Anerkennung von muslimischen Gruppen und Verbänden als Religionsgemeinschaften der nächste wichtige Schritt. Dies sei Sache der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen. "Es wird an diesen Fragen gearbeitet", so die Schulministerin.

NRW ist laut Löhrmann auch für viele Menschen mit Migrationshintergrund eine Heimat. "Jeder, der sich an die Verfassung hält, ist gern gesehen." Deutschland als Ganzes werde wie alle europäischen Länder vielfältiger. "Das ist eine Bereicherung und Herausforderung zugleich." (meu)

Islamunterricht in NRW

Mit Beginn des Schuljahres 2012/13 hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland den islamischen Religionsunterricht eingeführt. Aktuell wird dieser nach Angaben des NRW-Schulministeriums an 33 der landesweit 3.068 Grundschulen für rund 2.000 Grundschüler erteilt. Die 40 bisher eingesetzten Lehrer haben zuvor mehrere Jahre das Fach Islamkunde unterrichtet. Im Schuljahr 2013/2014 soll mit dem Unterricht in der Sekundarstufe I begonnen werden. Bei den Inhalten orientieren sich die Lehrkräfte laut Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) zunächst an den bisherigen Lehrplänen für Islamkunde. Ein eigener Lehrplan werde voraussichtlich im Sommer 2013 fertig sein. Da die muslimischen Organisationen bislang nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, bestimmt nach dem Gesetz ersatzweise ein von der Landesregierung berufener Beirat letztlich über die Lehrpläne. Spätestens bis 2019 soll eine Lösung gefunden sein, die das Beiratsmodell ablöst und "eine feste Vertretung" der Muslime etabliert. NRW hat etwa 100.000 muslimische Grundschüler. Insgesamt bekennen sich landesweit 320.0000 Schüler zum Islam. In Ruhrgebietsstädten wie Duisburg und Gelsenkirchen gibt es laut statistischem Landesamt mehr muslimische als katholische oder evangelische Schüler. Nach Angaben der Islam-Verbände wären landesweit mindestens 1.500 islamische Religionslehrer notwendig, um den Unterricht in den Grundschulen und der Sekundarstufe I sicherstellen zu können. Gegenwärtig könne "nicht prognostiziert werden", bis wann islamischer Religionsunterricht "flächendeckend" erteilt werden könne, so die Sprecherin des Schulministeriums. Derzeit werde "Schritt für Schritt" vorgegangen. "Wir gehen davon aus, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Schulen mit einer relativ großen muslimischen Schülerdichte versorgt sein werden." (meu/KNA)

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