Nicht überall ein Pilgermagnet
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Dieser Moment müsse jedoch "vor allem mit dem Sakrament der Versöhnung und der Feier der heiligen Eucharistie einschließlich einer Reflexion über die Barmherzigkeit verbunden" sein, schrieb der Papst vor Beginn des Heiligen Jahres an den verantwortlichen Erzbischof Rino Fisichella. Für einen vollkommenen Ablass, der alle Sündenstrafen tilgt, braucht es demnach die Heilige Pforte, die Beichte, das Glaubensbekenntnis, das Gebet für den Papst und dessen Anliegen sowie die Teilnahme an der Eucharistie. Eine zu hohe Hürde für die meisten Gläubigen?
In den deutschen Diözesen fällt die Antwort auf diese Frage bisher sehr unterschiedlich aus. Während es bei den einen noch eher ruhig um die Heilige Pforte ist, berichten andere schon jetzt von regem Interesse am Jubiläumsablass. Großen Zuspruch findet das Jahr der Barmherzigkeit zum Beispiel im Wallfahrtsort Kevelaer, dessen Basilika Münsters Bischof Felix Genn als Ort für eine der vier Heiligen Pforten im Bistum bestimmt hat.
Zahlreiche Beichtgelegenheiten in Kevelaer
"Wir haben auf dem kleinen Altar hinter der Pforte Gebetsbildchen ausgelegt. 10.000 davon sind bereits weg", sagt Kaplan Hendrik Wenning, der in Kevelaer für das Jahr der Barmherzigkeit zuständig ist. Wenn er auch nicht genau sagen kann, wie viele Pilger das Tor wirklich durchschritten haben, bieten ihm die mitgenommenen Bildchen zumindest einen Richtwert. Auf beiden Seiten der Pforte seien außerdem Tafeln mit der Frage "Was bedeutet Barmherzigkeit für mich?" angebracht worden. Viele der Gläubigen würden dieses Angebot nutzen und ihre Antworten hinterlassen, sagt Wenning.
Beichtgelegenheiten gibt es in Kevelaer ebenfalls zahlreiche. Sechs Stunden täglich stehen die Beichtväter zur Verfügung, erzählt der Kaplan. Etwa 25 von ihnen wechseln sich dabei das Jahr über ab. Ein Angebot, dass es sicher nicht an jeder Heiligen Pforte gibt. Wenning und die anderen müssen in den Beichtstühlen aber noch regelmäßig Aufklärungsarbeit leisten: "Die Gläubigen haben großes Interesse am Jubiläumsablass, wissen aber nicht genau, was sie dafür noch alles tun müssen."
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Fast 600 Kilometer weiter südöstlich fällt das Fazit ähnlich aus. Denn auch in Neumarkt in der Oberpfalz sind zahlreiche Gläubige auf der Suche nach der dortigen Heiligen Pforte, wie Kaplan Clemens Mennicken von der Pfarrei St. Johannes berichtet. "Ich nehme an, dass es auch deshalb bei den Gläubigen eine so rege Nachfrage gibt, weil der Katholizismus hier in der Gegend noch eine sehr große Rolle spielt", sagt er. Ob es im Jahr der Barmherzigkeit einen Anstieg der Beichtzahlen gibt, vermag er aber nicht zu beantworten. Die Zahlen derjenigen, die das Sakrament in der Oberpfalz empfingen, sei generell noch sehr hoch. "Gerade so kurz vor Ostern ist das hier bei uns normal", erklärt der Kaplan. Allerdings kämen jetzt auch vermehrt Gläubige, die er vorher mehrere Jahre nicht im Beichtstuhl gesehen habe.
Heilige Pforte in der Diaspora "kein Selbstläufer"
Neben den Gemeindemitgliedern will man in St. Johannes auch Pilger und diejenigen erreichen, die der Kirche nicht so nah stehen. Mit Exerzitien im Alltag etwa, die das Jahr der Barmherzigkeit zum Thema haben. Oder mit speziellen Kirchenführungen, die nicht nur kunsthistorischen, sondern auch liturgischen Charakter haben sollen. "Auch die Heilige Pforte soll darin eine Rolle spielen", so Mennicken. Für den Sommer haben sich bereits größere Wallfahrtsgruppen angemeldet.
Ganz andere Erfahrungen macht man dagegen in Schwerin. Vielleicht, weil die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern weder katholische Hochburg noch ein gut besuchter Wallfahrtsort ist. Schwerin ist tiefste Diaspora. "Die Heilige Pforte ist bei uns kein Selbstläufer", sagt Kaplan Heiko Kiehn von der Propsteigemeinde St. Anna. Dabei habe man im Kircheninneren extra einen kleinen Pilgerweg angelegt, um den Wallfahrern einen zusätzlichen Anreiz zu bieten. Die seien aber bisher nicht aufgetaucht. "Es waren eher Menschen, die sich die Kirche bei ihrem Besuch in Schwerin zufällig angeschaut haben", so der Kaplan. Die seien dann ganz überrascht gewesen, als man ihnen gesagt habe, dass sie gerade eben durch eine Heilige Pforte gegangen seien.
Auch bei den Gemeindemitgliedern selbst spielt die Heilige Pforte bestenfalls eine untergeordnete Rolle, sagt Kiehn. Was aber nicht heiße, dass die mit dem Jahr der Barmherzigkeit nichts anfangen könnten. "Unser Gemeindetag, an dem wir über den Umgang mit Schuld und Buße gesprochen haben, wurde gut angenommen." Auf die Beichtzahlen habe das allerdings bisher keine Auswirkungen gehabt. Der Kaplan setzt seine Hoffnungen deshalb auf den Sommer. "Wenn es hier in Schwerin warm und schön ist, kommen die Touristen und dann vielleicht auch die ein oder anderen Pilgergruppen."
Im Schönstatt-Zentrum Aulendorf ist man zufrieden
Im sächsischen Benediktinerkloster Wechselburg sind die ersten drei Monate auch eher ruhig verlaufen. "Es tut sich nicht viel", sagt Prior Maurus Kraß mit Blick auf die Heilige Pforte seiner Klosterkirche. Dabei habe man das Jahr der Barmherzigkeit extra beworben. Ein Anschlag an der Kirche weise zudem darauf hin, dass jederzeit Beichtväter bereitstünden. Dass bisher jedoch mit Ausnahme der Adventszeit so wenig Menschen das Kloster besucht – und damit auch die Pforte durchschritten – hätten, sei jedoch typisch für die Jahreszeit, so der Prior. Nach Ostern kämen erfahrungsgemäß mehr Touristen zu den Benediktinern. "Hier in der Gegend gibt es ja nicht so viele Katholiken."
Die Heilige Pforte des kleinen Kapellchens im baden-württembergischen Aulendorf profitiert dagegen vom dazugehörigen Schönstatt-Zentrum. Dort tagen Priestergruppen und Frauenverbände, finden Seniorenfreizeiten und Besinnungstage statt. Außerdem befindet sich die Kapelle am Rande eines Kurparks. "Von denen wird die Heilige Pforte sehr gut angenommen", sagt Regina Adler aus der Regionalleitung der Schönstattbewegung. Die in der Kapelle ausgelegten Kärtchen mit Bezug zum Jahr der Barmherzigkeit seien regelmäßig vergriffen. Mindestens 500 sollen es bereits gewesen sein, schätzt man im Schönstatt-Zentrum. Auch die Beichte und die Eucharistiefeier nehme man im Jahr der Barmherzigkeit bewusst mit ins Programm des Tagungshauses. "Das Angebot wird insgesamt gut angenommen. Lediglich die Beichte funktioniert nicht mehr so", sagt Adler.