Reif für den nächsten Schritt?
Das Bistum Würzburg verfolgt mit seinem Konzept für eine "Pastoral der Zukunft" einen ambitionierten Plan: In der unterfränkischen Diözese sollen die bestehenden Pfarreien aufgelöst werden und als Teilgemeinden in wenigen, neu zu gründenden Großpfarreien aufgehen. Einen entsprechenden Beschluss hat der Allgemeine Geistliche Rat, ein Beratungsgremium des Bischofs, gefällt. Unter den Mitgliedern des Würzburger Diözesanrats hatte der Plan zunächst für Unmut gesorgt. "Das macht, glaube ich, jetzt vielen zu schaffen: Nicht schon wieder Strukturprozesse!", erklärt der Vorsitzende Karl-Peter Büttner. "Den Prozess an sich sehe ich durchaus positiv. Aber so, wie er gestartet wurde, habe ich meine Fragen."
Büttner und seinen Kollegen im Laien-Rat liege es besonders am Herzen, die engagierten Gläubigen aus den Gremien und Verbänden so früh wie möglich an den Planungen zu beteiligen. "Es kann nicht sein, dass am Anfang nur eine kleine Gruppe oder nur die Amtsträger sich ihre Gedanken machen und Entscheidungen treffen, die dann den Leuten in den Gemeinden vorgelegt werden", moniert Büttner. Der Allgemeine Geistliche Rat der Diözese hatte Ende Februar für den Reformprozess gestimmt und diesen am vergangenen Wochenende der höchsten Eben der Laienvertretungen, dem Diözesanrat, präsentiert.
Aus Sicht der Laien ist dies nicht zufriedenstellend und weckt Erinnerungen an die anfänglich negativen Erfahrungen mit der erst vor kurzem abgeschlossenen Errichtung sogenannter Pfarreiengemeinschaften. Vor zehn Jahre hatte der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann eine entsprechende Strukturreform in seiner fränkischen Diözese angestoßen. Im Ergebnis wurden fast alle der ehedem über 600 unabhängigen Pfarreien in gut 160 Pfarreiengemeinschaften zusammengeschlossen. Dabei wurden bestehende Pfarreien nicht aufgelöst, sondern lediglich organisatorisch zusammengefasst.
Seelsorge soll sich an Lebensräumen orientierten
Das soll sich nun ändern. Bislang steht jedoch weder die endgültige Zahl der neuen Großpfarreien fest, noch, bis wann diese errichtet werden sollen. "Aber wichtig ist, dass einmal ein Ziel vor Augen steht", sagt der Würzburger Generalvikar Thomas Keßler im Interview mit der bischöflichen Pressestelle. Ebenfalls keine genauen Vorgaben macht das Bistum bislang für die innere Ausgestaltung der Pfarreien. Nach dem Wunsch des Generalvikars sollen diese sich vor allem an den Lebensräumen der Menschen orientieren. Das soll erreicht werden, indem sowohl die früheren, aufgelösten Pfarreien, als auch andere Orte des kirchlichen Lebens der Gläubigen als Gemeinden innerhalb der Pfarrei wahrgenommen werden. Keßler nennt diese eine "Gemeinschaft von Gemeinden, in denen viel eigenständiges Leben möglich ist". Die neuen Pfarreien bildeten einen "Rahmen, der das Leben in den Gemeinden vor Ort ermöglichen soll". Kritik an einer angeblichen Zentralisierung will Keßler nicht gelten lassen. "Durch vereinfachte Strukturen und durch eine Unterstützung durch professionelle Verwaltung wird den Gläubigen, die sich engagieren, eine Last genommen."
Büttner unterstützt das Anliegen des Generalvikars grundsätzlich. Auch er hält den Blick auf die heute größer gewordenen Lebensräume für unabdingbar, gerade in den ländlichen Gebieten der Diözese. "Ich kann nicht auf jedem Dorf die Pfarrei als rechtliches Konstrukt belassen", sagt Büttner. Zugleich kritisiert der Diözesanratsvorsitzende eine Fixierung auf das Amt des Pfarrers, die auch im neuen Strukturprozess zu spüren sei. Die Seelsorge müsste aus der Perspektive der Gläubigen organisiert werden, auch wenn das Kirchenrecht im Regelfall von der Pfarrei und dem Pfarrer her denke. Auch Keßler hatte betont, dass im anstehenden Strukturprozess die kirchenrechtlichen Vorgaben zur Pfarrei eindeutig eingehalten werden sollen. "Ich weiß nicht, ob immer jeder Buchstabe des Kirchenrechts so hundertprozentig erfüllt werden muss, sondern ob es nicht auch – wenn sie dem Recht nicht diametral entgegenstehen – mögliche Zwischenwege gibt", sagt Büttner.
Linktipp: Zahl der Pfarreien soll drastisch verringert werden
Generalvikar Thomas Keßler hat bekanntgegeben, dass es im Bistum in Zukunft nur wenige Pfarreien geben soll. Würzburg wäre die erste bayerische Diözese, die auf das Konzept der Großpfarrei setzt. Der Diözesanrat hat jedoch Bedenken.Eine Großpfarrei als Dach, unter dem kirchliches Leben in verschiedenen Orten und Gemeinschaften stattfindet, hält Büttner generell für ein sinnvolles Ziel. "Wenn die Pfarrei wirklich eine Gemeinschaft von Gemeinden ist, in der sich die Leitung selbst organisiert, dann ok." Der Plan der Diözese sieht vor, dass die Leitung der Teilgemeinden innerhalb der zukünftigen Großpfarreien maßgeblich von Laien organisiert werden soll. "Ich habe nur meine Zweifel, ob das so einfach geht, ob die Leute dafür schon reif sind", gibt sich Büttner vorsichtig.
Keßler: Langfristig genug Seelsorgepersonal vorhanden
Für Keßler hängt die zukünftig größere Verantwortung der Laien mit einem Wandel der Rolle der Seelsorger zusammen. Deren Aufgabe entwickle sich "noch stärker als bisher hin zum Begleiter der Gläubigen, die vor Ort das Leben der Gemeinden gestalten". Darüber hinaus sollen die Seelsorger in den Pastoralteams der zukünftigen Großpfarreien eigene seelsorgliche Schwerpunkte setzen. Die Gemeindeleitung solle jedoch, "soweit möglich in den Händen der Gläubigen selbst liegen, wobei die Verantwortung des Pfarrers nicht übergangen werden darf", erklärt Keßler. Was das konkret bedeutet, steht nicht fest. Die Diözese wolle den Pfarreien und Gemeinden große Freiheit bei der Entwicklung eigener Leitungsmodelle lassen. Für ein solches Zusammenspiel von ehrenamtlichen Laien und hauptamtlichen Seelsorgern sei laut Keßler jedenfalls auch langfristig genügend Personal vorhanden. "Wichtig wird Teamfähigkeit sein und die Bereitschaft, den Menschen etwas zuzutrauen und sie im Glauben und in ihrer Verantwortung für die Gemeinde zu unterstützen."