Gestrandet in Bangkok
Die Flüchtlingswelle kam 2009 mit Angriffen pakistanischer Taliban auf Dörfer und Stadtviertel mit überwiegend christlichen Bewohnern ins Rollen. Regelmäßige Übergriffe und Attentate muslimischer Fanatiker sowie die Drangsalierung durch die pakistanischen Behörden sorgten dafür, dass immer mehr Christen ihre Heimat verließen.
Täglich einen Apfel
Sodagar arbeitete in Pakistan für die christliche Community Advance Program Ministries (CAP), die nahe Lahore ein Schul- und Berufsausbildungsprojekt für Kinder armer Familien betreibt. "Auch Muslime schickten ihre Kinder zu uns", sagt Sodagar. "Wir boten eine solide Ausbildung - und jeder Schüler bekam täglich einen Apfel, ein Glas Milch und ein gekochtes Ei."
„Es kommt vor, dass Beamte die Hilflosigkeit der Flüchtlinge brutal ausnutzen, um Geld zu erpressen.“
Die Madrasa, die Islamschule in der Nachbarschaft, blieb dagegen leer. "Aus Neid auf unseren Erfolg riss einer unserer Gegner Seiten aus dem Koran, verstreute die Fetzen in unserer Schule und zeigte uns wegen vermeintlicher Blasphemie an", erzählt Sodagar. Die Sache ging ausnahmsweise glimpflich aus - steht doch auf Blasphemie in Pakistan die Todesstrafe. Der Anwalt der Stiftung habe mit der Polizei gesprochen und einen Obolus entrichtet. "Dann ermittelte die Polizei gegen den Muslim", berichtet Sodagar.
Die Gewaltdrohungen gegen ihn und seine Familie nahmen aber nach diesem Vorfall zu. "Ich war auch schon als Journalist im Visier der Taliban." Also flüchtete Sodagar mit seiner Frau und den fünf Kindern im Juni 2013 ins thailändische Exil. Bangkok ist ein bevorzugtes Fluchtziel pakistanischer Christen. Denn sie können sehr einfach als Touristen einreisen und nach Ablauf des Touristenvisums versuchen, sich im Land durchzuschlagen.
Das Leben als illegaler Einwanderer ist aber kein Zuckerschlecken. "Thailand ist kein Unterzeichnerstaat der UN-Flüchtlingskonvention", weiß Pater John Murray. "Damit sind die Flüchtlinge Willkür ausgeliefert. Die Polizei kann sie verhaften und übervorteilen. Es kommt vor, dass Beamte die Hilflosigkeit der Flüchtlinge brutal ausnutzen, um Geld zu erpressen."
Der australische Augustinerpater arbeitet für das Bangkok Refugee Center. Die Tageseinrichtung für die Hilfe für Flüchtlinge wird vom Amt für Flüchtlinge und Migranten der katholischen Bischofskonferenz im Auftrag des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen betrieben. Auf das UNHCR sind die Flüchtlinge trotzdem nicht gut zu sprechen. Die Hilfe sei nicht ausreichend - zu bürokratisch, zu langsam, lautet die Kritik.
Die pakistanischen Christen wollen in die USA oder nach Europa. Zuvor aber müssen sie in einem bis zu zwei Jahre dauernden Verfahren vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt werden. "Sie stecken hier fest", sagt Pater Murray. Nach einer Weile in Bangkok seien bei vielen Familien die finanziellen Reserven aufgebraucht. "Sie sind mittellos und isoliert von ihrem sozialen Umfeld in der Heimat", so der Ordensmann. Die einzige Hilfe komme von den Vereinten Nationen und von privaten Organisationen wie der Caritas, von Kirchengemeinden und großzügigen Einzelspendern.
Arbeitserlaubnis angekündigt
Erleichterung ging allerdings durch die pakistanische Flüchtlingsgemeinde, als das UNHCR und Thailands Militärjunta vor kurzem eine zunächst auf ein Jahr befristete Arbeitserlaubnis für die Pakistaner ankündigten. Blutige Anschläge auf Christen wie in diesem Jahr zu Ostern in einem Park in Lahore und willkürliche Anklagen wegen Blasphemie treiben immer mehr Christen aus Pakistan. Pater Murray weiß: "Die Zahl der Flüchtlinge nimmt zu, und damit werden sich auch die restriktiven Bedingungen verschärfen, unter denen sie in Bangkok leben müssen."