Hass ist keine Meinung
Auch auf den Facebook-Seiten der Kirche tummeln sich in letzter Zeit immer mehr "Pöbler". Doch wie geht man mit diesem Problem um? Löschen, sperren, anzeigen? "Es erschreckt uns fast täglich, wie enthemmt und brutal Menschen ihre Meinung im Internet äußern", sagt der Leiter der Internetredaktion des Bistums Würzburg, Johannes Schenkel. Doch habe man einfache Schritte erarbeitet, damit umzugehen. "Erreicht uns schlicht ein wütender Gefühlsausbruch als Kommentar oder Posting, dann antworten wir freundlich und versuchen die sachliche Ebene zu erreichen", erklärt er.
Sobald rechtliche Grenzen überschritten würden, gelte die Hausordnung, die die Diözese Würzburg für ihre Social-Media-Kanäle erstellt hat. Darin heißt es, dass beleidigende oder hetzerische Kommentare konsequent gelöscht und der Absender darüber informiert wird. "Bisher haben wir noch keinen Beitrag zur Anzeige bringen, aber eine Handvoll 'Fans' sperren müssen", so Schenkel.
Oftmals ist Ignorieren eine gute Lösung
Im Bistum Mainz gelten auf der eigenen Facebook-Seite dieselben Grundregeln wie bei jeder zwischenmenschlichen Kommunikation. Auf eine ausdrückliche "Netiquette" habe man daher verzichtet, sagt Social-Media-Redakteur Michael Kinnen. Heißt: Man achtet die Meinungsvielfalt, sagt aber auch, dass "Hass keine Meinung ist". Beschimpfungen würden deshalb gelöscht und gegebenenfalls gemeldet. "Allerdings mussten wir erst sehr wenige Nutzer sperren", so Kinnen.
Oftmals sei Ignorieren eine gute Lösung, heißt es aus Mainz weiter. Denn manche Kommentatoren würden durch ihren Stil, die Wortwahl und ähnliches mehr über sich selbst aussagen als über das Thema. Auffallend sei, dass es häufig die immer gleichen Personen seien, die per "Copy and Paste" die gleichen Kommentare hinterließen – meist ohne direkten Bezug zu den Postings. Wenn der eigene Kommentar dann nicht die gewünschte Aufmerksamkeit brächte, verlören sie schnell die Lust und eine Eskalation bliebe aus. "Schwierig wird es, wenn Behauptungen und Schlussfolgerungen in die Welt gesetzt werden, die unbedarfte weitere Nutzer für wahr halten, die die Quellen, Hintergründe und Absichten nicht kennen", sagt Kinnen.
Das Erzbistum Hamburg entfernt Kommentare, die nicht zum Thema gehören ebenso wie solche, die beleidigend, verletzend, rassistisch und gewaltanstiftend sind. "Dazu haben wir auch Kommentarrichtlinien verfasst, die auf unserer Facebook-Seite einsehbar sind und auf die wir verweisen, wenn jemand 'aus dem Rahmen' fällt", sagt Onlineredakteur Christian Wode. Darüber hinaus würden Beiträge, die Hass und Hetze beinhalteten, auch an Facebook gemeldet. "Das führt leider in den seltensten Fällen zum Erfolg", so Wode. In solchen "schlimmen Fällen" sperre man den Kommentator dann aber auch.
"Eine perfekte Lösung gibt es nicht", sagt auch Thomas Mollen aus dem Bistum Münster über den Umgang mit unangebrachten Beiträgen. Der Leiter der Digitalen und Internen Kommunikation spricht deshalb von einem "variablen Vorgehen". Generell versuchen man alle Nutzer möglichst nach gleichen Maßstäben zu bewerten. Grundlage seien die eigenen "Hausregeln", auf die die Kommentatoren hingewiesen würden und die auch als Maßstab zur Bewertung von kritischen Beiträgen dienten.
"Bei Hetze kennen wir keine Toleranz"
"Bei Hetze kennen wir keine Toleranz", sagt Mollen. Kommentare, die nur feindselige Stimmungsmache seien, würden direkt entfernt. Wiederholungstäter würden nach vorheriger Warnung von der Online-Redaktion gesperrt. Bei Beleidigungen konkreter Personen, Personengruppen oder Glaubensinhalten verfährt die Diözese genauso wie bei Hetze. Wird die Kirche dagegen als Institution angegangen, sucht man das Gespräch. Es würden Rückfragen gestellt und versucht, "Nutzer durch Argumente von einer Rücknahme seiner Beleidigung zu überzeugen", erklärt Mollen.
"Bei der Caritas Deutschland haben wir uns digitale Kommunikationsprinzipien gegeben", berichtet Onlineredakteur Marc Boos. Eines laute: "Wir antworten." Unter einem Flüchtlingsvideo seien zwar die menschenverachtenden Äußerungen gelöscht worden. Auf andere Anfeindungen habe man dagegen reagiert. "Für viele der Kommentatoren war das überraschend", sagt Boos. Auf Nachfrage der Redaktion hätten viele Kommentatoren ihre Positionen dann nicht begründen können. "Es waren eben oft plumpe Vorurteile." Diese Haltung stärke auch diejenigen, die in der Flüchtlingsarbeit engagiert seien. "Die fanden es prima, dass wir Paroli geboten haben."
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Mit ihrer Kampagne, die Flüchtlinge in Deutschland willkommen heißen sollte, hat das Bistum Essen im vergangenen Jahr einen "Shitstorm" erzeugt.
Das Bistum Essen hat nach mehreren heftigen Reaktionen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise sein Vorgehen in den Sozialen Netzwerken mittlerweile verschärft. "Bischof Franz-Josef Overbeck und wir als Pressestelle haben uns im vergangenen Jahr klar zu einer Willkommenskultur bekannt", sagt Pressesprecher Ulrich Lota. Das habe mehrfach zu einem "Shitstorm" auf Facebook geführt. "Die Art und Weise, wie einige Kommentatoren reagiert haben, hat nichts mehr mit freier Meinungsäußerung zu tun", so Lota. Und weil das Internet kein rechtsfreier Raum ist, habe man sich dazu entschieden, Hasskommentare künftig zur Anzeige bringen zu wollen. "Aber damit beschäftigt sich unsere Rechtsabteilung", so Lota.
Großer Einsatz der Facebook-Community
Auch die Social-Media-Redakteure von katholisch.de machen sich Gedanken, wie man mit einer wachsenden Zahl von Hass-Kommentaren umgehen kann. Die Facebook-Seite hat mittlerweile gut 65.000 Fans und zu Spitzenzeiten mehrere Tausend Kommentare pro Tag. Eine so große und diskussionsfreudige Community zu moderieren, ist nicht einfach. "Es gilt, den Mittelweg zwischen oberlehrerhaft wirkendem ständigen Eingreifen und Untätigkeit zu finden", sagt Social-Media-Redakteur Felix Neumann. Richtlinie für die Moderation ist eine "Netiquette", die Selbstverständlichkeiten regeln soll: keine Beleidigungen, keine Pornographie und ähnliches.
"Wer dagegen verstößt, wird ermahnt, Kommentare werden gelöscht, im schlimmsten Fall Nutzer gesperrt", so Neumann. Das wichtigste seien aber die engagierten Mitglieder der Community. "Ohne die ginge es nicht." Viele Kommentatoren machten die Redaktion darauf aufmerksam, wenn eine Diskussion zu eskalieren drohe. "Einige halten mit bewundernswerter Geduld und großem Einsatz dagegen, wenn Hass und Hetze gepostet werden", sagt der Social-Media-Redakteur. Diese engagierten Nutzer sorgten entscheidend für das Klima in der Kommentarspalte.