Bundesregierung legt ersten Bericht zu Religionsfreiheit vor

Von subtiler Beschränkung bis zur rohen Gewalt

Veröffentlicht am 09.06.2016 um 14:00 Uhr – Von  Christoph Scholz (KNA) – Lesedauer: 
Religion

Berlin ‐ Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist weltweit gefährdet. Die Bundesregierung hat nun einen differenzierten Bericht über typische Formen von Einschränkung und religiöser Verfolgung vorgelegt.

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Vorbild waren die jährliche Studie des US-Außenministeriums mit umfangreichen Länderanalysen und der Bericht des EU-Parlaments zur Religions- und Glaubensfreiheit, der sich auf Länder mit schweren Verstößen beschränkt. Die Bundesregierung verfolgt allerdings einen typologischen Ansatz. Er strebt keine Vollständigkeit an, sondern illustriert den Sachstand weltweit "anhand von typischerweise vorkommenden Verletzungen des Menschenrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit durch staatliche und nichtstaatliche Akteure".

Damit vermeidet er Doppelungen. Zugleich hat er einen politisch operativen Nutzen für die Bemühungen der deutschen Menschenrechtspolitik in aller Welt. Als Quellen greift der Bericht auf die genannten Studien und UN-Berichte zurück; erwähnt wird auch der "Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit" der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche. Vor allem aber stützt er sich auf eine Datenerhebung an 93 deutschen Auslandsvertretungen im Oktober 2015. Ferner floss die Expertise des UN-Sonderberichterstatters für Religionsfragen, Heiner Bielefeldt, ein.

Komplexe Dimension der Religions- und Weltanschauungsfreiheit

Zunächst erläutert die Studie die komplexe Dimension der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Das zeigt etwa ein erster Blick auf den Umgang mit religiösen Symbolen: In Frankreich ist das deutlich sichtbare Tragen religiöser Symbole an Schulen verboten, in Saudi-Arabien ist das sichtbare Tragen von nichtislamischen religiösen Abzeichen untersagt, und in China dürfen Staatsangestellte und Parteifunktionäre sowie Lehrer und Schüler keine religiösen Symbole tragen.

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Allerdings stehen die Verbote in einem sehr unterschiedlichen Kontext, vom staatlichen Laizismus über den religiös verfassten Staat bis zur atheistischen Staatsideologie. Deutlich wird dies beim Recht auf Religionswechsel: Während dies in Frankreich kein Problem darstellt, weist der Bericht darauf hin, dass "Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung zum Teil drakonische Strafen für die öffentliche Abkehr vom Islam" vorsehen, etwa im Rahmen von Konversionen. Das gilt nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Afghanistan, Brunei, Iran, Jemen, Malediven, Mauretanien, Sudan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. In anderen Ländern nehmen die Behörden wiederum die Abkehr vom Islam "administrativ schlicht nicht zur Kenntnis", etwa in Ägypten, Jordanien oder Marokko.

Der Bericht zeigt unterschiedliche Formen der Diskriminierung auf, etwa familien- und erbrechtliche Folgen sowie soziale Stigmatisierung. In der Türkei werden nichtmuslimische Religionsgemeinschaften nicht als juristische Personen registriert. Daraus resultieren Beeinträchtigungen. Thematisiert werden aber auch andere Staaten, in denen im Namen einer vorherrschenden Religion Menschen anderen Glaubens unterdrückt, verfolgt oder diskriminiert werden, vom Buddhismus über den Hinduismus bis zur christlichen Orthodoxie.

Das Vorgehen gegen "nichtkonforme" Personen

Zur Sprache kommt auch das Vorgehen gegen "nichtkonforme" Personen einschließlich Religionskritiker, Freidenker und Atheisten. Ebenso erwähnt die Bundesregierung die Diskriminierung von Lesben, Schwulen oder Transgender aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen.

Deutschland ist nicht eigener Berichtsgegenstand, findet aber auch Erwähnung. So mahnte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei der Vorstellung des Berichts im Bundestag: "Wir müssen auch den Blick nach innen richten." Auch in Deutschland gebe es Antisemitismus und Angriffe auf religiöse Minderheiten, etwa in Flüchtlingsunterkünften.

Von  Christoph Scholz (KNA)