Der lange Marsch der Diplomatie
Auf mehrere Verfolgungswellen gegen die Kirche etwa in der Kulturrevolution folgten Phasen des Tauwetters. Mit dem Amtsbeginn von Benedikt XVI. 2005 gab es Signale für eine Annäherung, die sich nach der Wahl von Franziskus 2013 verstärkten. Derzeit befinde man sich in einer "positiven Phase", betonte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin jüngst gegenüber der Zeitschrift "Sanfrancesco". Es gebe "vielversprechende Perspektiven".
Zwischen Rom und Peking gab es "einen langen Weg mit unterschiedlichen Phasen, der noch nicht abgeschlossen ist", sagte Parolin, der als vatikanischer Vizeaußenminister zwischen 2002 und 2009 maßgeblich an diesen Kontakten beteiligt war. Aktuell sehe er "Signale von beiden Seiten mit dem Willen, den Dialog fortzusetzen und gemeinsam Lösungen für die Probleme der Präsenz der katholischen Kirche in dem riesigen Land zu finden".
Grenzen zwischen regierungsnaher und romtreuer Kirche verschwimmen
Streitpunkt ist insbesondere die Ernennung von Bischöfen, die der Papst weltweit für sich beansprucht, was die Regierung in Peking jedoch als Einmischung in interne Angelegenheiten ablehnt. Wiederholt ließen die chinesischen Kirchenbehörden eigene Kandidaten von der staatlich kontrollierten "Patriotischen Vereinigung" zu Bischöfen weihen - ohne römische Zustimmung und trotz päpstlicher Warnungen.
Linktipp: Vatikan bestätigt Gespräche mit China
Der Vatikan ist mit der Volksrepublik China im Gespräch. "Es bestehen Kontakte, und diese verlaufen wie vorgesehen", sagte Vatikansprecher Lombardi im Februar. Es gebe Unterredungen sowohl in China als auch im Vatikan.Allerdings verschwimmen die Grenzen zwischen der regierungsnahen und der romtreuen Kirche zunehmend. Fast alle der zunächst illegal geweihten Bischöfe hätten inzwischen das Einverständnis des Papstes erhalten, vermerkt man in Rom. Und im Pontifikat von Franziskus gab es bislang keine unerlaubte Bischofsweihe. Offenbar spielt sich ein Modus vivendi ein, dass die Behörden und Rom sich über beiderseits genehme Kandidaten verständigen.
An welchem Punkt die von Parolin genannten vielversprechenden Perspektiven sind, ist jedoch unklar. Es gab in den vergangenen zwei Jahren wiederholt Besuche und Gespräche in Rom und in Peking, über die keine Details nach außen drangen. Das bietet Raum für manche Spekulationen.
Herabstufung der Nuntiatur in Taiwan?
Ein Anlass war jetzt die Ernennung eines neuen Papst-Botschafters für die Türkei. Paul Fitzpatrick Russell war bislang Geschäftsträger der Nuntiatur in Taiwan, wo der Vatikan wie 20 weitere Staaten zum Ärger Pekings eine diplomatische Vertretung unterhält. Jedoch hat Rom diese in den letzten Jahren personell und protokollarisch heruntergefahren. Es sind nur noch ein Nuntiaturrat und ein Sekretär vor Ort.
Beobachter spekulierten, mit der Versetzung Russells - für den bislang kein Nachfolger bekannt wurde - könnte der Vatikan eine weitere Herabstufung der Nuntiatur in Taipeh einleiten. Möglicherweise bis hin zur Schließung - um in Peking eine neue Vertretung eröffnen zu können. Insider halten es aber für unwahrscheinlich, dass der Vatikan und die Volksrepublik China noch in diesem Jahr volle diplomatische Beziehungen aufnehmen, wie vermutet wurde.
Vielmehr gehen sie davon aus, dass in der nächsten Personalmitteilung über die Versetzungen im Mittelbau der vatikanischen Diplomatie - sie erscheint Mitte Juli und gilt ab 1. September - wieder ein Nuntiaturrat für Taiwan aufgeführt wird. Immerhin hatte die Republik China erst im Januar einen neuen Botschafter an den Heiligen Stuhl entsandt. Unterdessen setzen der Papst und Peking ihre vertraulichen Kontakte auf dem langen Weg fort. In der Hoffnung - wie Parolin betonte - "dass diese Knospen blühen und gute Früchte bringen, zum Wohl von China selbst und der ganzen Welt".