Zwei Brüder für ein Halleluja
"Das war schon etwas ganz Ausgefallenes", wie auch Rupert Berger sagt, Kurskollege und langjähriger Jugendfreund der Ratzingers aus Traunstein. Der Geistliche gehört zum Kreis der zehn Kurskollegen, die noch am Leben sind. Am vergangenen Sonntag wurde Berger 90 Jahre alt. An diesem Tag stand er wieder bei einem feierlichen Gottesdienst in der Traunsteiner Oswald-Kirche am Altar, wo er einst auch seine Primiz feierte. Damals assistierten ihm die Ratzinger-Brüder als Diakon und Subdiakon.
Weihetag mit besonderem Stellenwert
Fest steht, dass der Weihetag bei den Brüdern einen höheren Stellenwert einnimmt, als es ein runder Geburtstag je könnte. Im katholischen Hause Ratzinger galt selbst der Namenstag mehr als die Vollendung eines Lebensjahrs. Große "Feierer" sind beide ohnehin nicht, wie Insider wissen. Dennoch gab es am Dienstag im Vatikan einen Festakt, an dem auch Papst Franziskus teilnahm. Er hat das Vorwort für den neuen Band der Gesammelten Schriften von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. über das Priestertum geschrieben, der bei der Feier vorgestellt und überreicht wurde.
Linktipp: So denkt Benedikt XVI. über das Priesteramt
Am Mittwoch vor 65 Jahren wurde Benedikt XVI. zum Priester geweiht. Doch wie sehr prägt das Priestersein den Wissenschaftler Ratzinger? Antworten gibt Markus Schaller vom Institut Papst Benedikt XVI.1951 war Joseph Ratzinger der jüngste unter den Kandidaten, denen der greise Münchner Kardinal Michael Faulhaber die Hände auflegte. In dem Augenblick, als er an der Reihe war, sei vom Hochaltar ein "Vöglein - vielleicht eine Lerche" in den Dom aufgestiegen und habe ein kleines Jubellied geträllert, notiert Ratzinger. Dies sei ihm wie ein Zuspruch von oben vorgekommen: "Es ist gut so, du bist auf dem rechten Weg."
Während der Weihe, die komplett in lateinischer Sprache stattfand, saßen die Eltern der beiden Brüder in den Bänken, gottergeben, aber vielleicht auch ein wenig stolz. Zumindest lässt sich das Bild so deuten, das eine Kamera damals für einen erstaunlicherweise erhalten gebliebenen Schwarz-Weiß-Film über das kirchliche Großereignis eingefangen hat.
Die bemerkenswerte kirchliche Karriere der beiden Söhne war für die aus einfachen Verhältnissen stammenden Ratzingers nicht absehbar. Dass der Ältere ins kirchenmusikalische Fach drängte und der jüngere die wissenschaftliche Laufbahn einschlagen würde, zeichnete sich aber ab. Schon im Seminar hatten sie die Spitznamen "Bücherratz" und "Orgelratz" verpasst bekommen.
Georg sollte später als Leiter der Regensburger Domspatzen den ältesten Knabenchor der Welt zu neuen künstlerischen Höhen führen. Sein Bruder durfte nicht Professor bleiben, sondern wurde zu Höherem berufen. Erst 1977 als Erzbischof in sein Heimatbistum München-Freising, dann 1982 als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom. Schließlich traf den Kurienkardinal am 19. April 2005 das "Fallbeil" beim Konklave, wie er seine Papstwahl selbst drastisch kommentierte.
Ein Lebensabend der besonderen Art
Damit rückte auch sein Bruder Georg, damals längst im Ruhestand, wieder ins öffentliche Interesse. Die beiden hatten sich ihren Lebensabend anders vorgestellt. Doch egal, ob Benedikt XVI. im Amt war oder nach seinem Rücktritt 2013 - die beiden versuchen nach wie vor, Zeit miteinander zu verbringen. Zweimal im Jahr, nach Weihnachten und im Sommer, fliegt Georg für ein paar Wochen nach Rom. Dort sind für ihn am Altersruhesitz seines Bruders im Kloster "Mater Ecclesia" Räume reserviert. Ansonsten telefonieren die beiden.