Von Herz zu Herz
Der emeritierte Papst ist zurück, aber sein Platz ist ein anderer, das wird schon an der Sitzordnung deutlich. An diesem Tag steht zwar seine Person im Zentrum, aber der Hausherr im Vatikanpalast ist sein Nachfolger, Papst Franziskus. Beide sind in Weiß gekleidet, beide sitzen auf weißen Stühlen, der amtierende Papst allerdings in der Mitte des Saales, während der emeritierte Papst in gebührender Entfernung zur Rechten von Franziskus Platz nimmt.
Benedikt XVI. ist dies wohl ganz recht, schließlich hatte er zu seinem freiwilligen Amtsverzicht am 28. Februar 2013 angekündigt, ein zurückgezogenes Leben führen zu wollen. Zurückgezogen, still und in sich gekehrt wirkt er die meiste Zeit während der Feierstunde im Vatikan. Die Hände im Schoß gefaltet, sitzt der 89-Jährige fast unbeweglich auf seinem Sessel, lauscht aufmerksam den päpstlichen Lobesworten: "Sie, Heiligkeit, dienen der Kirche weiterhin, Sie hören nicht auf, wahrhaftig mit Kraft und Weisheit zu ihrem Wachstum beizutragen."
Franziskus rühmt Benedikts "Sinn für Humor"
Die "göttliche Vorsehung" habe gewollt, dass Benedikt XVI. von seiner Residenz in den vatikanischen Gärten aus "Ruhe, Frieden, Kraft, Vertrauen, Reife und Glaube, sowie Hingabe und Treue" ausstrahle, die ihm, Franziskus, sehr gut täten und der ganzen Kirche Kraft gäben. Franziskus wendet sich bei seinen Worten seinem Vorgänger zu, während im Publikum prominente Gäste lauschen: Kardinäle und Kurienchefs, eine Delegation des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. sowie ehemalige Mitarbeiter von Papst Benedikt XVI. In freier Rede rühmt Franziskus auch den "Sinn für Humor" Benedikts XVI. So könne er mit Gottesliebe und Glaube die Zukunft ohne Angst und Nostalgie betrachten, mit "Fröhlichkeit auch in den bereits fortgeschrittenen Lebensjahren".
Linktipp: So denkt Benedikt XVI. über das Priesteramt
Am Mittwoch vor 65 Jahren wurde Benedikt XVI. zum Priester geweiht. Doch wie sehr prägt das Priestersein den Wissenschaftler Ratzinger? Antworten gibt Markus Schaller vom Institut Papst Benedikt XVI.Etwas von dieser Fröhlichkeit und Herzlichkeit kommt zum Ausdruck, als sich der "alte" und der "neue" Papst nach dessen Rede umarmen und einige persönliche Worte wechseln - da lächelt Benedikt XVI. Als er später für eine knapp fünfminütige, frei gehaltene Rede selbst zum Mikrofon greift - die in typischer Ratzinger-Manier mit griechischen und lateinischen Begriffen und Wendungen gespickt ist -, beginnt er mit einer Erinnerung an seine Priesterweihe 1951: "Vor 65 Jahren hat ein Mitbruder, der mit mir zusammen geweiht wurde, auf sein Weihebild nur ein Wort geschrieben: Eucharistomen (griechisch: wir danken)".
"Danke, Heiliger Vater"
Dieses "Danke an alle" gehe zuerst an Franziskus, der ihn mit seiner "Güte seit dem ersten Moment der Wahl in jedem Moment des Lebens wirklich und innerlich" berühre, sagt Benedikt XVI., der sich für seine Rede erhoben hat. Er unterstreicht seine Worte mit ruhigen Gesten, sein Blick sucht und findet den von Franziskus. Mehr noch als die Schönheit der vatikanischen Gärten sei die Güte des Papstes ihm eine Heimat, führt er aus. "Ich fühle mich behütet." Auch Kardinal Gerhard Ludwig Müller dankte der emeritierte Papst namentlich - für die Unterstützung bei der Vorstellung seiner Predigtsammlung über das Priestertum "Die Liebe Gottes lehren und lernen". Müller hatte sich in seiner Rede darauf bezogen und Benedikt XVI. eine Ausgabe überreicht.
Nahe ging dem emeritierten Papst nach eigenen Worten die Rede seines langjährigen Freundes, Kardinaldekan Angelo Sodano, der in seiner Ansprache die Priesterweihe Joseph Ratzingers und seines älteren Bruders Georg von 1951 hatte Revue passieren lassen. Diese Worte hätten sein Herz berührt, sagte der Dogmatiker Joseph Ratzinger mit dem lateinischen Spruch "Cor ad cor loquitur" ("Das Herz spricht zum Herzen"). Unausgesprochen schien dies auch für sein Verhältnis zum amtierenden Papst, seinem Gastgeber, zu gelten. Benedikt XVI. wandte sich ganz am Schluss noch einmal an ihn: "Danke, Heiliger Vater."