Ist Limburg wieder gesund?
In Limburg dauerte die Neubesetzung dagegen mehr als zwei Jahre. Doch das hat einen Grund. Denn Limburg ist kein normales Bistum. Nicht mehr. Begonnen hatte alles im Januar 2012 mit einem Erste-Klasse-Flug seines damaligen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst nach Indien. Das ist erst einmal nicht verboten. Doch der Bischof leugnete diesen Flug, reichte eine Unterlassungserklärung ein - und gab sogar eine eidesstattliche Versicherung ab. Später räumte er seine Falschaussage vor Gericht ein. Erst Ende 2013 wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von 20.000 Euro endgültig eingestellt.
Das Preisgeben von Wahrheiten in Etappen
Es war diese Unehrlichkeit, das Preisgeben von Wahrheiten in Etappen und das missbrauchte Vertrauen, das sich dann auch in der Affäre rund um das Bischofshaus auf dem Limburger Domberg wiederholte. Rund 31 Millionen Euro soll der Komplex, für den anfänglich lediglich ein Bruchteil veranschlagt war, letztlich gekostet haben. Der Preis ist die eine Sache. In anderen Diözesen werden ähnlich teure Bauprojekte in Auftrag gegeben - ganz zu schweigen von Geld verschlingenden Vorhaben wie dem Berliner Flughafen oder der Hamburger Elbphilharmonie.
Doch die Kirche steht mit ihrem moralischen Anspruch immer unter besonderer Beobachtung. Und ein Bischof repräsentiert diese Kirche nach außen wie kein zweiter. Hätte Tebartz-von Elst von Anfang an transparent gemacht, wie teuer es tatsächlich wird: Man hätte ihm vielleicht verzeihen können - auch wenn gerade die Ausstattung der privaten Gemächer auf dem Domberg im nicht zu übersehenden Gegensatz zu dem steht, was Papst Franziskus seit rund drei Jahren tagtäglich predigt.
Doch Tebartz-van Elst war nicht ehrlich. Er wies die Schuld an den explodierten Baukosten von sich, beschuldigte das Domkapitel und gestand seine Fehler selbst dann nicht ein, als eine unabhängige Prüfkommission in ihrem Bericht aufdeckte, dass Kosten geschönt, Kontrollen verhindert, und Vorschriften umgangen wurden. Später bat der Bischof zwar um Vergebung - jedoch nicht ohne ein relativierendes "aber". Am 26. März 2014 nahm der Papst dann den eingereichten Rücktritt des Bischofs an. Nicht wegen der hohen Baukosten, sondern weil es zu einer Situation gekommen sei, "in der eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes durch Tebartz-van Elst verhindert" werde.
Nun lässt sich argumentieren, dass eine solche Diözese möglichst schnell einen neuen Bischof braucht, um aufzuräumen. Hat sich also niemand gefunden, der auf dem heißen Stuhl Platz nehmen wollte? Danach sieht es zumindest nicht aus. Vielmehr hat man erst einmal gar nicht gesucht. Schließlich hatte die Affäre nicht nur in Deutschland, sondern auch international für Aufsehen gesorgt. Es folgten Transparenzoffensiven in zahlreichen Bistümern und Diskussionen über kirchliche Strukturen. Bei einer zügigen Neubesetzung hätte der potenzielle Bischof nur verlieren können - und wohl noch weitaus mehr Fragen beantworten müssen, als es bei Georg Bätzing jetzt der Fall sein dürfte. Zum Beispiel die, ob er denn nun im neuen Bischofshaus wohnen wird. Das wollte man in Limburg vermeiden.
Es gab aber auch noch einen anderen Grund, der gegen eine schnelle Neubesetzung gesprochen hat. Und der hieß Manfred Grothe. Der Paderborner Weihbischof, der die Diözese jetzt mehr als zwei Jahre kommissarisch geleitet hat, war wie gemacht für diese Zeit des Übergangs. Als Vorsitzender der Prüfungskommission, die das Bauprojekt in Limburg untersucht hatte, kannte er sich mit den Finanzen, den Strukturen und auch mit den Menschen vor Ort aus. Mit ihnen führte er bereits vor seiner Ernennung zum Apostolischen Administrator zahlreiche Gespräche – und erarbeitete sich dadurch das nötige Vertrauen. Gleichzeitig war es bei seinem befristeten Engagement ausgeschlossen, dass er sich auf faule Kompromisse einließ. Viel zu verlieren hatte er, der mit seinen 75 Jahren dem Papst bereits seinen Rücktritt als Paderborner Weihbischof angeboten hatte, nicht.
Der Papst hatte den Klerus und die Gläubigen in Limburg gebeten, "in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden". Das hat man in den vergangenen zwei Jahren versucht - und es einen "Prozess der Heilung" genannt. Grothe und sein Ständiger Vertreter Wolfgang Rösch haben in dieser Zeit zahlreiche Gespräche mit den Gläubigen und Mitarbeitern geführt, für finanzielle Transparenz gesorgt, die Vermögensverwaltung neu geordnet, Kontrollorgane eingerichtet und Führungen durch das Bischofshaus organisiert, um es zu "entmystifizieren".
Grothe hat seine Aufgabe erfüllt. Auch wenn noch nicht alles perfekt läuft in Limburg, so ist das Bistum doch auf dem Weg der Gesundung und bereit für einen Neuanfang. Im Februar dieses Jahres hatte das Domkapitel deshalb das "Verfahren zur Bischofsfindung" eröffnet und eine Liste mit Vorschlägen erstellt. Die ging zunächst an den Botschafter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, und nach dessen Überprüfung an den Papst. Letztlich hat dann das Domkapitel seinen Wunschkandidaten aus der von Franziskus vorgeschlagenen Dreierliste - der sogenannten Terna - gewählt: Die Entscheidung fiel auf Georg Bätzing.
Bätzing will das synodale Prinzip stark machen
Trotz der guten Vorarbeit von Grothe hat Bätzing in Limburg noch einiges zu tun. Wichtig wird es sein, die Gläubigen weiterhin mit in die Entscheidungsfindungen einzubinden. Das dürfte dem bisherigen Trierer Generalvikar jedoch nicht allzu schwer fallen. Gerade erst ist in seinem Bistum die erste Diözesansynode seit einem Vierteljahrhundert in Deutschland zu Ende gegangen. Bätzing sprach sich dafür aus, "das synodale Prinzip stark zu machen", bei dem jeder gefragt sei und mitgestalten könne. Mit Blick auf die Umsetzung sagte er damals: "Der Ball liegt beim Bischof." Jetzt ist er der Bischof.