Der Papst, der die Zukunft träumte
In die deutschen Thronwirren griff er wie ein Schiedsrichter ein, pochte dabei auf den Vorrang der geistlichen Macht vor der weltlichen. Innozenz III. rief das Vierte Laterankonzil ein und erkannte die Orden der Franziskaner und Dominikaner an. Zu seinem Pontifikat, das mit seinem Tod vor 800 Jahren, am 16. Juli 1216, endete, gehörten aber auch die Desaster des Vierten Kreuzzugs und der Ketzerkriege gegen die Albigenser.
Bischöfliche Macht hat Vorrang
Innozenz III., als Lothar von Segni aus einer mittelitalienischen Adelsfamilie stammend, wurde in Rom, Paris und Bologna theologisch und juristisch bestens ausgebildet. Als jüngster der zur Wahl stehenden Kardinäle im Januar 1198 gewählt, setzte er die kirchenpolitischen Ansprüche seiner Vorgänger fort. Wie schon Gregor VII., der den deutschen Kaiser zum Gang nach Canossa drängte, unterstrich er den Vorrang der bischöflichen vor der weltlichen Macht: "Wie der Mond sein Licht von der Sonne erhält ..., so erhält die königliche Gewalt von der päpstlichen Autorität den Glanz ihrer Würde", betonte er in einem Brief wenige Monate nach seiner Wahl.
Linktipp: Prägende Päpste
Wer waren die größten Päpste in zwei Jahrtausenden Kirchengeschichte? Selbst Historiker schauen dabei vor allem auf jene Zeiten und Epochen, die der Jetztzeit "wichtig" oder spannend erscheinen. Zu allen Zeiten, etwa auch im 9., 17. oder 18. Jahrhundert, hat es jedoch vorbildliche oder politisch bedeutende Papstfiguren gegeben, die ihre Zeit mitprägten.Zugleich bekräftigte er den einzigartigen Vorrang des Bischofs von Rom als Nachfolger des Apostels Petrus. Dem Patriarchen von Konstantinopel schrieb er 1199, dass der Apostelfürst die "Leitung des gesamtes Erdkreises übernommen" und die "Vollmacht über alle Völker empfangen" habe.
Innozenz III. ging nicht wesentlich über die Ansprüche seiner Vorgänger hinaus. Doch ihm kamen die zeitpolitischen Umstände zugute, die er trotz mancher Fehlgriffe geschickt nutzte. Nach der Doppelwahl des Welfen Otto und des Staufers Philipp 1198 zum deutschen König setzte er sich zunächst für Otto ein, der ihm bedeutende Zugeständnisse machte und seinen erheblich erweiterten Kirchenstaat anerkannte.
Spannungen mit dem Stauferkaiser
Bald kam es aber zur Entfremdung; der Papst bannte Otto IV. und ebnete dem jungen Staufer Friedrich - den er bereits seit seinem Pontifikatsbeginn offiziell als Vormund vertrat - den Weg zum Gegenkönig. Der spätere Friedrich II. machte dem Papst in der Goldbulle von Eger 1213 dieselben politischen Zugeständnisse wie sein Vorgänger. Zu den großen Spannungen mit diesem Stauferkaiser kam es erst unter Innozenz' Nachfolgern. Innozenz III. intervenierte aber auch in England im Konflikt um König Johann - der dem Römischen Stuhl schließlich England und Irland als Lehen und einen jährlichen Zinses von 1.000 Mark Silber zusicherte.
Dagegen endeten seine Kreuzzugspläne im Desaster. Die Seemacht Venedig lenkte die zur Rückeroberung Jerusalems geplante Befreiungsaktion nach Konstantinopel um. Die Zerstörung und Verwüstung der christlichen Stadt 1204 wurde zum Trauma - von dem sie sich nie mehr erholte. Byzanz war sturmreif und hatte der osmanischen Eroberung 1453 kaum noch etwas entgegenzusetzen; Papst Johannes Paul II. (1978-2005) bat bei seinem Griechenland-Besuch 2001 für diese Vergehen der Kreuzfahrer um Vergebung. Und auch der von Innozenz III. eingeleitete Kreuzzug gegen die Albigenser zur "Ketzerbekämpfung" entartete zu einem brutalen Landraub.
Innerkirchlicher Höhepunkt im Pontifikat von Innozenz III. war im November 1215 das Vierte Laterankonzil, die bis dahin größte Kirchenversammlung überhaupt. Außer um politische Themen wie die Kreuzzügen und die Haltung zu Friedrich II. ging es um Glaubens- und Reformfragen, von der Sakramentenpraxis und Reliquienverehrung bis zum kirchlichen Ämterkauf (Simonie) und dem Vorgehen gegen Irrlehren. Viele dieser Regelungen hatten Bestand und gingen noch in den Kirchenrechtskodex von 1917 ein.
Orden als Kirchenreformer
Die bekannteste Abbildung von Innozenz III. findet sich in der Franziskus-Basilika von Assisi (siehe großes Bild oben). Sie zeigt den Papst im Schlaf. Er träumt, wie die von Verfall bedrohte Kirche durch einen kleinen Mönch gestützt wird: den heiligen Franziskus. Wenige Meter weiter zeigt ein weiteres Fresko des Malers Giotto, wie eben dieser Papst die Ordensregel der Franziskaner anerkennt. Mit dieser kirchenamtlichen Bestätigung sowie mit der der Dominikaner schuf Innozenz ein hocheffizientes und bis heute bewährtes Mittel für die Reform der Kirche.