Muslime gedenken ermordeten Priesters
Unter den rund 2.000 Teilnehmern in der Kathedrale von Rouen waren mehr als hundert Menschen muslimischen Glaubens. Der muslimische Kultusrat hatte die Muslime dazu aufgerufen, ihre Solidarität und ihr Mitgefühl mit den Christen zu zeigen.
Der Erzbischof von Rouen dankte den Muslimen für ihre Teilnahme an dem Gottesdienst. Die Ermordung eines einfachen Priesters sei grauenhaft und gegen jede Gerechtigkeit. Aber, so Lebrun wörtlich: "Wie wir aus ihrem Mund gehört haben - und wir halten das für ehrlich -, ist das nicht der Islam." Am Schluss umarmte der Erzbischof die Repräsentanten der Muslime sowie die drei Ordensschwestern, die zum Zeitpunkt des Überfalls mit Hamel die Messe feierten. Der ermordete Priester soll am Dienstag in Rouen bestattet werden.
Die muslimische Gemeinschaft des Ortes will den Attentäter Adel K. nicht in ihrem Ort beerdigen. "Wir werden den Islam nicht mit dieser Person beschmutzen", sagte der Verantwortliche der örtlichen Moschee, Mohammed Karabila. "Wir werden uns weder an der Totenwäsche noch an der Beisetzung beteiligen", zitierte AFP ihn am Freitag. Über eine mögliche Beerdigung müsste dem Bericht zufolge letztlich das Rathaus entscheiden. Der 19-jährige Kermiche hatte anders als sein Komplize in Saint-Étienne-du-Rouvray gelebt.
"Ich bin stolz, das zu tun", sagte eine Frau dem Sender France Info beim Besuch der Basilika des Pariser Vororts Saint-Denis. "Ich möchte meinen Schmerz und meine Solidarität mit den Katholiken Frankreichs und einem ganzen Volk zeigen." Am Vorabend hatten Muslime auch einer katholischen Gebetsandacht in Saint-Étienne-du-Rouvray beigewohnt. In dem Vorort von Rouen hatten zwei Islamisten am Dienstag Geiseln genommen und den 85 Jahre alten Priester Jacques Hamel ermordet.
In Frankreich wird unterdessen auch über eine Reform der islamischen Institutionen diskutiert. Um die 40 muslimische Persönlichkeiten riefen in der Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche" dazu auf, "gegen den radikalen Islamismus" zu handeln. Sie seien besorgt über die Machtlosigkeit der derzeitigen Organisation des Islams, heißt es in dem Text. Premierminister Manuel Valls sprach sich für einen neuen "Pakt mit dem Islam" aus und forderte ein massives Engagement der Muslime im Kampf gegen die Radikalisierung.
Auch in Italien kamen Vertreter islamischer Gemeinden und Verbände zu Solidaritätsbezeigungen in zahlreiche katholische Kirchen. Der Vorsitzende der "Gemeinde der Arabischen Welt in Italien", Fuad Audi, sprach laut der Zeitung "Repubblica" (Onlineausgabe) von mehr als 15.000 Muslimen, die landesweit an christlichen Sonntagsgottesdiensten teilgenommen hätten.
Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz Kardinal Angelo Bagnasco äußerte sich in einer Stellungnahme "sehr froh und sehr dankbar" über die Geste. Eine solche Verurteilung der Gewalt "ohne Wenn und Aber" sei von Muslimen in Italien bislang nicht immer so einhellig zu vernehmen gewesen, erklärte der Genueser Erzbischof vom Weltjugendtag in Krakau aus. (dpa/KNA/fxn)
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Der in Frankreich ermordete Priester Jacques Hamel pflegte gute Kontakte zur muslimischen Gemeinde in Saint-Etienne-du-Rouvray. Deren Imam ruft zu Frieden und mehr Solidarität zwischen den Religionen auf.31. 7. 2016, 16.50 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme zur Beerdigung des Attentäters und politischer Diskussion in Frankreich.