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Wer ist mein Freund? Glaube.Leben.

Wahre Freundschaft bedeutet mehr als ein Facebook-Klick. Doch wie kann man "wahre Freunde" eigentlich erkennen? Pfarrer Christian Olding gibt Tipps und schenkt Hoffnung für lebenslange Freundschaften.

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Video im Wortlaut

Die Anzahl der Menschen, die wir kennen, entspricht nicht der Anzahl der echten Freunde, die wir haben. Oder um es mit König Salomo zu sagen: "Viele sogenannte Freunde schaden dir nur. Ein wirklicher Freund aber, steht mehr zu dir, als ein Bruder." Gerade deswegen lohnt sich hin und wieder ein klärender Blick auf unsere Freundschaften.

Sollte ich Freundschaft in ihrer ganzen Komplexität in wenigen Worten auf den Punkt bringen, dann würde ich sagen es geht darum, einander zu kennen und gekannt zu werden. Vor einem Freund brauche ich kein soziales Image zu pflegen, sondern darf mich so zeigen wie ich bin: Ein Mängelexemplar mit Macken, Ecken und Kanten. Und gerade dazu sagt mein Freund ja. Dasselbe gilt allerdings auch für ihn. Deswegen geht es in einer Freundschaft im besten Sinne auch darum, einander zu dienen. Sich an den Erfolgen und Errungenschaften des Anderen mit zu freuen, ohne heimlichen Neid zu empfinden. Und an der Seite des Anderen zu stehen, wenn es drauf ankommt, ohne heimliche Schadenfreude, dass es mich eben nicht getroffen hat.

Beziehungen färben immer auf uns ab. Deswegen sollten wir hin und wieder unsere Freundschaften in den Blick nehmen, um zum einen nicht Zeit in falsche Freunde zu investieren und um nicht unrealistische Erwartungen zu hegen. Als erstes hilft dabei vielleicht die unterschiedlichen Intensitäten unserer Freundschaften klar zu kriegen. Es gibt sogenannte gute Bekannte. Menschen, denen wir auf der Arbeit regelmäßig begegnen, oder weil es uns zur selben Zeit ins Fitnessstudio treibt. Menschen, die sympathisch sind, mit denen wir nette Gespräche führen. Von denen wir aber auch wissen, sobald sich die Umstände ändern, verschwinden diese Menschen wieder aus unserem Leben. Deswegen sollte hier nicht der Schwerpunkt unseres Zeitengagements liegen.

Daneben gibt es für mich einen zweiten Bereich: Echte Freundschaften auf Zeit. In unserem Leben beginnen immer wieder neue Abschnitte und andere enden und demselben Muster folgen auch manche Freundschaften. Wir haben gemeinsame Zeit miteinander verbracht und haben viele intensive Erlebnisse geteilt und die sind es alle wert. Und dennoch sollten wir nicht überrascht sein, wenn das Leben die Karten hin und wieder neu mischt. Und auch für diese Freundschaften gilt, was das Buch Kohelet schon sagte: "Alles hat seine Zeit, auch manche Freundschaft."

Und dann, dann gibt es diese Freundschaften fürs Leben. Freundschaften, die entstehen, wenn Umstände und Chemie zwischen Menschen einfach passen. Diese Freundschaften werden in den Schützengräben des Alltags geschmiedet. Bei allem, was miteinander durchstanden, errungen und gefeiert wird. Und diese Freundschaften brauchen, wie ihr Name schon sagt, ein Leben lang, um zu wachsen, um sich miteinander zu entwickeln. Und diese Freundschaften, die sind in der Tat ein kostbarer und leider auch seltener Schatz.

Die eigenen Freundschaften neu zu ordnen und zu sortieren, kann ein anstrengender und manchmal auch schmerzhafter Prozess sein. Dennoch müssen wir uns in jedem Lebensabschnitt neu fragen, welche Freunde wir mitnehmen möchten auf unserem Weg, welche wir ziehen lassen und von welchen wir uns auch bewusst zu verabschieden haben. Wirft man einen Blick auf das Leben Jesu, stellt man fest, dass auch bei ihm nicht alle Menschen den gleichberechtigten Anspruch auf seine Nähe hatten. Zum einen hat Jesus 72 Jünger ausgewählt, mit denen er unterwegs gewesen ist. Unter diesen 72 allerdings, hatte er zwölf, die er zu seinem "Inner Circle" zählte. Zwölf, die sein Leitungsgremium bildeten. Und innerhalb derer wiederum, gab es noch mal drei besondere Personen: Johannes, Petrus und Jakobus. Diese drei, die bei seiner Verklärung dabei waren, oder auch im Garten Gethsemane, kurz bevor seine Leidensgeschichte begann. Und dann, dann hatte Jesus noch einen Dreierkreis, der für ihn von Bedeutung war: Maria, Martha und Lazarus. Drei persönliche Freunde, die er immer wieder aufsuchte und deren Nähe er genoss.

Das zeigt mir zumindest, dass es also natürlich ist, ein unterschiedliches Bedürfnis an Nähe und Distanz zu verschiedenen Menschen zu haben. Nicht, um sie zu bevorzugen oder um sie zurückzusetzen, sondern dass unsere Beziehungen und Verhältnisse und auch eben unsere Freundschaften unterschiedliche Tiefen mit sich bringen. Aber gerade weil das so ist, braucht es eben auch immer wieder unseren ehrlichen und klärenden Blick auf unsere Freundschaften, damit wir nicht falsche Erwartungen hegen und damit sie den Platz in unserem Leben erhalten, den sie verdient haben.

Im Video-Format "Glaube.Leben." beantwortet Christian Olding Fragen, die sich jeder irgendwann mal stellt. Die katholisch.de-Serie will Orientierung für das eigene Leben mit dem Glauben geben. Aus seiner persönlichen und beruflichen Erfahrung heraus nimmt Christian Olding den Zuschauer an die Hand. Dabei bedient er sich in gewohnter Manier klarer Worte und Bilder. Jeden Monat erscheint eine neue Folge auf katholisch.de und in unserem YouTube-Kanal.