Causa Wucherpfennig: Theologe Höhn sieht Stasi-Methoden im Vatikan
Der Kölner Theologieprofessor Hans-Joachim Höhn wirft dem Vatikan "Stasi-Methoden" im Umgang mit der Erteilung theologischer Unbedenklichkeitserklärungen ("nihil obstat") vor. Gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger (KStA) sagte der Theologe, ihm seien "selbst eine Reihe von Fällen" bekannt ähnlich der derzeitigen Kontroverse um den Jesuiten Ansgar Wucherpfennig. Dem Professor für Neues Testament wird aufgrund von Aussagen über den Umgang mit Homosexualität das für die Ausübung des Rektorenamts der Frankfurter Hochschule nötige Nihil obstat verweigert.
Das Hauptproblem seien "mangelnde Klarheit der Kriterien" bei der Entscheidung über das Nihil obstat. Höhn geht dabei von einer erheblichen Dunkelziffer aus und spricht von "katholischer omertà" aus Scham der Betroffenen: "Kaum ein Theologe, eine Theologin durchbricht diese Verschwiegenheit, sei sie erzwungen oder selbst auferlegt." Betroffen seien nicht nur die Theologen selbst, sondern auch deren Schüler. Nach Ansicht von Höhn, der laut KStA selbst in den 80er Jahren unter Beobachtung der Glaubenskongregation stand, muss daher ein systematischer Gang an die Öffentlichkeit folgen: "Eine katholische #metoo-Kampagne wäre also riskant, aber notwendig." Im KStA reagierten der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Thomas Sternberg und der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer zustimmend auf den Vorschlag.
Wucherpfennig selbst sagte gegenüber dem ZDF, er habe sich auf die vergleichsweise liberalen Äußerungen von Papst Franziskus zum Umgang mit Schwulen und Lesben verlassen. "Und ich kann nicht nachvollziehen, warum das jetzt ausgebremst wird, ausgerechnet von engsten Mitarbeitern des Vatikan."
Aussagen über Homosexualität führen zu Nihil-obstat-Verweigerung
Der Frankfurter Professor für Neues Testament Ansgar Wucherpfennig war im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor der Hochschule Sankt Georgen gewählt worden. Die Bildungskongregation hatte das notwendige Nihil obstat versagt. Grund dafür waren Aussagen Wucherpfennigs in einem Interview, in dem er die biblischen Verurteilungen von Homosexualität als "tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen" bezeichnet. Der Jesuit, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirkt, sprach sich außerdem für eine stärkere kirchliche Anerkennung von Homosexuellen aus.
Satzungsmäß kann Wucherpfennig seit dem 1. Oktober sein Rektorenamt nicht mehr wahrnehmen. Kommissarisch wird die Hochschule seitdem von Prorektor Thomas Meckel geleitet. Die Verweigerung des Nihil obstat hat eine intensive Diskussion ausgelöst. Auf Facebook kommentierte etwa der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer den Vorgang: "Wann hört ein solches autoritäres Gebaren in unserer Kirche endlich auf?" Katholische Verbände und Theologen, der zuständige Limburger Bischof Georg Bätzing und der Provinzial der Jesuiten Johannes Siebner stellten sich hinter Wucherpfennig und seine Aussagen. (fxn)