Bischöfe und Theologinnen äußern sich zur Protestinitiative

Heße: "Maria 2.0" soll sich an synodalem Weg beteiligen

Veröffentlicht am 15.05.2019 um 13:40 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Noch bis Samstag befinden sich katholische Frauen aus ganz Deutschland im Kirchenstreik. Mehrere deutsche Bischöfe und Theologinnen haben jetzt die Initiative gewürdigt. Der Tenor lautet: "Maria 2.0" wird auch nach Beendigung des Streiks Auswirkungen auf die Kirche haben.

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Deutsche Bischöfe und Theologinnen haben Stellung zur bundesweiten Protestinitiative "Maria 2.0" genommen. Hamburgs Erzbischof Stefan Heße sieht in der Aktion einen "Impuls für den Dialog". Ihm gehe es darum, "dass unterschiedliche Positionen miteinander ins Gespräch" kommen, sagte er am Mittwoch in Hamburg. Deshalb werbe er für eine Beteiligung an dem von den Bischöfen vorgeschlagenen "synodalen Weg". Dieser sei nur sinnvoll, wenn keine Themen ausgeschlossen würden.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte infolge der im Herbst veröffentlichten Missbrauchsstudie einen "verbindlichen" gemeinsamen Gesprächs- und Reformprozess angeregt. Dabei sollen Machtabbau, die Zulassung zu kirchlichen Weiheämtern, der Pflichtzölibat und die Sexualmoral Themen sein. Bereits auf der Frühjahrsvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) am Samstag hatte der Erzbischof für eine Beteiligung von Laien geworben. Die Bischöfe kämen allein nicht weiter. Der synodale Weg greife auch "Fragen nach dem Priesteramt" auf, so Heße. "Da geht es um die Frage des Zölibats oder auch um die Frauenthematik." Zurzeit gebe es noch keine Entscheidung darüber, wer an dem noch zu schaffenden Plenum für den synodalen Weg beteiligt werde.

Jung: "Maria 2.0"-Protest ist Ausdruck echter Sorge

Der Würzburger Bischof Franz Jung will das Gespräch mit Frauen suchen, die im Rahmen von "Maria 2.0" am Donnerstag eine Mahnwache vor dem Neumünster in Würzburg abhalten wollen. Er werde diese persönlich aufsuchen, sagte Jung am Mittwoch auf Anfrage. "Ich verstehe den Protest unter dem Leitwort Maria 2.0 als Ausdruck echter Sorge um eine gute weitere Entwicklung der katholischen Kirche, was die Stellung der Frau anbelangt." Aufgerufen zu der Mahnwache in Würzburg hat der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) in der Diözese.

Die deutschen Bischöfe nähmen die Anliegen der Frauen ernst, so Jung weiter. Das drücke sich darin aus, dass sie zu den Themen gehörten, die beim von der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz beschlossenen synodalen Weg besprochen werden sollten. Forderungen der Initiative "Maria 2.0" sind unter anderem der Zugang von Frauen zu allen Ämtern, eine konsequente Aufklärung der Missbrauchsfälle und eine Sexualmoral, die an die Lebenswelt von Menschen angepasst sei.

Bereits am Samstag hatte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode erklärt, "Maria 2.0" zu unterstützen. "Ich finde die Aktion gut, um ein Zeichen zu setzen für mehr Beteiligung von Frauen in der katholischen Kirche", sagte Bode dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Bischof ist als Vorsitzender der Pastoralkommission in der Deutschen Bischofskonferenz auch für den Bereich Frauen in Kirche und Gesellschaft verantwortlich. Verständnis für die Forderungen von "Maria 2.0" hatte zuvor auch der Freiburger Erzbischof Stephan Burger gezeigt. Speyers Generalvikar Andreas Sturm kündigte an, sich für die Weihe von Frauen einsetzen und sieht Bischof Karl-Heinz Wiesemann in dieser Frage an seiner Seite.

Bild: ©KNA

Marianne Heimbach-Steins ist Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität.

Nach Einschätzung der Münsteraner Theologin Marianne Heimbach-Steins steht die Frauen-Initiative für einen Aufbruch in der katholischen Kirche. "Die große Resonanz zeigt, dass die Initiative nach der einen Woche Kirchenstreik nicht zu Ende sein wird", sagte Heimbach-Steins dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Münster. Vor allem die engagierten Katholiken drängten immer mehr darauf, Machtstrukturen in der Kirche zu verändern, betonte die Sozialethikerin von der Universität Münster.

Die Proteste entzündeten sich daran, wie in der Kirche mit Macht und Beteiligung umgegangen werde, erklärte Heimbach-Steins. Der sexuelle Missbrauch durch Priester sei auf den Missbrauch klerikaler Macht zurückzuführen. Daher dränge "Maria 2.0" sowohl auf umfassende Aufklärung des Missbrauchsskandals wie auch auf den Zugang von Frauen zu allen Ämtern in der katholischen Kirche. Es gehe um die Frage, wie das kirchliche Amt ausgestaltet werden müsse, um Machtmissbrauch zu verhindern, sagte die Theologieprofessorin.

Die Ämterfrage werde jedoch nicht von heute auf morgen gelöst werden, bedauerte Heimbach-Steins. So sei die seit langem geforderte Zulassung von Frauen zum Diakonat in der katholischen Kirche immer noch nicht in Sicht. Bei "Maria 2.0" gehe es eher um Bewusstseinsbildung und darum, die Gaben und Befähigungen von Frauen sichtbar zu machen. Es werde ein Zeichen gesetzt, "dass die Frauen - und auch viele Männer - sich nicht länger abspeisen lassen", sagte die Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften. Positiv wertete die Theologin, dass sich viele Bischöfe um die Einstellung von mehr Frauen in Leitungspositionen der Kirchenverwaltung bemühten. Auch gebe es in manchen Diözesen Ansätze, Frauen die Leitung von Gemeinden zu übertragen. Die Bischöfe hätten jedoch mehr Spielraum, als sie glauben, betonte Heimbach-Steins.

Straub: Bischöfe sollen "positive Wut" spüren

Auch die deutsch-schweizerische Theologin Jacqueline Straub würdigte den Kirchenstreik. Viele Teilnehmerinnen seien seit Jahrzehnten in der Kirche aktiv, "haben Briefe geschrieben und auf wissenschaftlicher Ebene begründet, warum es eine Aufwertung der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche braucht", sagte Straub der "Welt" (Mittwoch). Sie seien immer ignoriert worden. "Darum sollen die Bischöfe endlich unsere positive Wut spüren." Straub selbst kämpft seit Jahren dafür, katholische Priesterin werden zu können.

Frauen spielten "eine riesengroße Rolle" in der Kirche, betonte die Theologin. "Würden alle Frauen, die sich für die Kirche engagieren, kollektiv einen Monat lang streiken, dann würde der ganze 'Laden' zusammenbrechen." Straub erklärte zudem, das vorherrschende Bild von Maria müsse korrigiert werden. Sie gelte als "bescheidene und demütige Mutter. Das ist ein falsches Bild. Maria war zu Lebzeiten gar nicht still. Sie war mutig und selbstbewusst." Bei vielen männlichen kirchlichen Amtsträgern herrschten indes "echte Misogynie und gleichzeitig eine Überhöhung der Mutter Gottes. Sie haben ein Bild von einer dienenden und aufopfernden Frau, die den Mund nicht aufmacht."

"Maria 2.0" ruft Frauen in ganz Deutschland auf, bis Samstag sämtliche Ehrenämter ruhen zu lassen und die Kirchen nicht zu betreten. Im Internet formierte sich unterdessen auch Widerstand gegen den Kirchenstreik katholischer Frauen. (tmg/KNA/epd)