Antisemitismusbeauftragter über Judenhass und Israel

Klein: Kirchen sollten mehr gegen Antisemitismus tun

Veröffentlicht am 25.05.2018 um 09:55 Uhr – Lesedauer: 
Antisemitismus

Berlin ‐ Für den neuen Antisemitismusbeauftragten haben die Kirchen bei der Bekämpfung des Judenhasses in Deutschland eine besonderer Verantwortung. Gleichzeitig warnt er vor einer Vorverurteilung von Muslimen.

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Die beiden großen Kirchen sollten sich aus Sicht des neuen Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, mehr gegen Judenhass einsetzen. "Führende Kirchenvertreter melden sich bereits zu Wort, aber das Thema sollte noch prominenter, systematischer und vor allem präventiv von beiden Kirchen behandelt werden", sagte Klein im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Die Kirchen hätten auch historisch gesehen eine ganz besondere Verantwortung, man denke etwa an Martin Luther oder die NS-Zeit.

Gleiches gelte für Antiziganismus, also den Hass gegen Sinti und Roma. "Über den Holocaust an den Sinti und Roma ist noch viel weniger bekannt als über die Schoah. Hier sollte auch die katholische Kirche noch mehr tun. Es waren ihre Glaubensbrüder, die vernichtet wurden", sagte Klein, der im Auswärtigen Amt zuvor auch für Antiziganismus zuständig war. Sein neuer Posten lege den Fokus zwar auf Antisemitismus und jüdisches Leben. Er wolle aber gerne etwa dem geplanten Expertenkreis Antiziganismus im Bundestag seine Mithilfe anbieten, sagte der Diplomat.

"Muslime sind nicht geborene Antisemiten"

Mit Blick auf die Debatte über muslimischen Antisemitismus beklagte Klein, dass diese vor allem von Nicht-Muslimen geführt werde. "Muslime sind nicht geborene Antisemiten, und wir müssen jede Vorverurteilung und Hetze unterbinden". Zugleich betonte Klein, dass er mit Imamen und Moscheegemeinden zusammenarbeiten wolle, um in der muslimischen Gemeinschaft über Antisemitismus aufzuklären. "Ich will das vor allem im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz vorantreiben", so Klein.

Den Aufruf zum Boykott israelischer Waren nannte Klein in dem Interview antisemitisch. "Da wird eindeutig eine rote Linie überschritten." Ihn erinnere ein solcher Appell an den Aufruf der Nazis, nicht bei Juden einzukaufen. Für Klein gibt es eine eindeutige Grenze zwischen Antisemitismus und Israel-Kritik. "Bei jeder Kritik an Israel sollte man das Wort 'Israel' durch einen anderen Ländernamen ersetzen können." Leider würden allzu oft an Israel andere Maßstäbe angelegt, etwa beim Recht auf Selbstverteidigung. "Natürlich müssen wir aber auch Handlungen der israelischen Regierung kritisieren dürfen, etwa deren Siedlungspolitik und die übermäßige Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen."

Kirchliche Organisationen, darunter die katholische Friedensbewegung Pax Christi, hatten indes mehrfach wegen des Israel-Palästina-Konflikts dazu aufgerufen, keine Waren aus israelischen Siedlungen zu kaufen. Der kontinuierliche Bau und Ausbau israelischer Siedlungen in Palästina verstoße gegen internationales Recht. Pax Christi sieht in der Einhaltung von Menschenrecht und Völkerrecht einen wesentlichen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander innerhalb von Gesellschaften und zur Konfliktlösung zwischen Staaten. Dies gelte auch für den Israel-Palästina-Konflikt. (bod/KNA)

30.05.2018, 15.22 Uhr: Aussagen zu Pax Christi präzisiert