Abtpräses Jeremias Schröder berichtet von der Familiensynode

Tag 12: Die Rede kommt auf Sex...

Veröffentlicht am 16.10.2015 um 09:15 Uhr – Von Jeremias Schröder OSB – Lesedauer: 
Synodenblog

Vatikanstadt ‐ Während ein lateinamerikanischer Kardinal von Wiederverheirateten "vollkommene Keuschheit" fordert, bieten die anderen Wortbeiträge nicht viel Neues. So bleibt etwas Zeit, die Lateinkenntnisse der Bischöfe in den Blick zu nehmen.

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Der Tag vergeht recht monoton, mit den vorbereiteten 3-Minuten-Beiträgen, und ab 18.00 Uhr noch einmal mit einer Runde freier Diskussion, bei der die Beiträge jeweils auf 4 Minuten beschränkt sind. Diese knappen Formate kommen den wortkargen Bischöfen des Nordens entgegen und sind für einige Prälaten aus dem Süden eher ein Problem. Dort gehört es zur unabdingbaren Höflichkeit, erst einmal ordentlich zu begrüßen und einige freundliche Worte zu finden. Typischerweise wird im Namen der ganzen Bischofskonferenz des Heimatlandes gedankt für die Einberufung dieser Synode und ein glühendes Bekenntnis der unverbrüchlichen Treue zum Heiligen Stuhl, den Werten des Evangeliums und der Familie abgelegt. Manchmal wird auch noch dem anwesenden Episkopat gedankt für die solidarische Hilfe der Weltkirche, etwa bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika, oder beim Erdbeben in Haiti. Dann ist die Redezeit aber auch schon zur Hälfte um, und sehr bald erklingt der unbarmherzige Klingelton. Ein Kardinal, der gerade erst beim Warmlaufen ist, als es schellt, schaut derart verdutzt, dass er dafür einen Sonderapplaus bekommt.

Bei so einem Beitrag ist ein guter Schluss wichtig, aber auch schwer, wie jeder von uns aus eigener Predigterfahrung weiß. Das gilt erst recht, wenn die Klingel einen mitten im Satz stoppt. Viele Väter beenden ihre Ausführungen einfach mit einem "Dankeschön". Sehr selten aber dafür umso effektvoller ist "Amen". Am populärsten ist auf der Synode das mir bislang unbekannte "Dixi" – Latein für: Ich habe gesprochen. Es hat etwas Monumentales. Als Nebenform ist gelegentlich "Dixit" zu hören – er hat gesprochen. Das ist ein Zeichen für große Demut – man spricht von sich selbst in der dritten Person – oder auch von schlechten Lateinnoten.

Inhaltlich ist das Meiste schon ein paar Mal gesagt

Diese heiteren Betrachtungen werden dadurch ermöglicht, dass inhaltlich inzwischen das Meiste doch schon ein paarmal gesagt und auch gehört worden ist. Diese Wiederholungen erschweren nicht nur die Aufmerksamkeit, sie irritieren ehrlich gesagt auch manchmal. Kurz vor Ende spricht ein lateinamerikanischer Kardinal noch einmal zur Frage des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen. Er begrüßt – wie das inzwischen fast alle tun – einen Bußweg der Versöhnung; am Ende dieses Bußweges müsse aber, wie bei jeder Versöhnung mit Gott, eine echte Bekehrung stehen sowie die "Hinwendung zur vollkommenen Keuschheit". Vor zwei Wochen konnte man das noch mit einer gewissen Unschuld fordern. In der Zwischenzeit gab es aber zahlreiche tiefschürfende Gedanken zu diesem Thema, die man vielleicht so zusammenfassen kann: Wir betrachten Ehe als eine Berufung, ebenso wie wir die Berufung zum ehelosen Leben kennen. Zur Eheberufung gehört Sexualität aber wesentlich dazu. Nur weil jemand von seinem Ehepartner alleingelassen wurde, kann man deshalb doch nicht davon ausgehen, dass damit auch eine ganz neue Berufung zur Enthaltsamkeit gegeben ist.

Das Synodenblog

Abtpräses Jeremias Schröder OSB von St. Ottilien nimmt an der Familiensynode im Vatikan teil. Für katholisch.de berichtet er regelmäßig direkt aus der Synodenaula.

Der Beitrag deprimiert mich etwas. Waren die zwei Wochen also für die Katz? Ich glaube nicht. Vor allem in den Kleingruppen sind sich die Vertreter unterschiedlicher Positionen näher gekommen und da ist Verständnis gewachsen. Vielleicht hatte ja auch dieser Kardinal seinen Beitrag schon zu Beginn der Synode abgegeben, nicht ahnend, dass wir alle etwas klüger sein werden, wenn er endlich aufgerufen wird?

Die Synodalen kommen aus vielen verschiedenen Sprachwelten; damit meine ich nicht Englisch, Deutsch, Französisch usw., sondern eher die Sprachfeld, in dem sie sich üblicherweise bewegen. Am häufigsten ist das Theologie und Kirchenrecht. Bei so einer Synode geht es natürlich auch um Sex, aber das heißt dann "ehelicher Akt" oder - besonders gelungen – "unitive Dimension des ehelichen Lebens". Man kann auch auf dieser Sprachebene wichtige und kluge Sachen sagen, aber es ist doch wohltuend, wenn dann einmal Tacheles geredet wird. Ein Erzbischof: "Versöhnung in der Ehe passiert beim Liebe Machen – when making love. Ein Ehepaar hat mir gesagt: 'Wir haben eine Dreifaltigkeit des Ehelebens: Bett, Tisch, Altar'. … In der Eucharistie geht es auch um Sex. Hören Sie einmal hin: 'Das ist mein Leib, den ich für Euch hingebe.' Eucharistie ist sexuell, und Sexualität ist eucharistisch."

Nur wenige Beiträge machen nachdenklich

Wenige Beiträge sind so kraftvoll, aber auch an diesem Tag bekommen wir gelegentlich noch Nachdenklich Machendes zu hören. Ein Patriarch aus den von ISIS bedrohten Ländern spricht vom Leiden und den Aufnahmelagern. Er wird von seinen eigenen Priestern kritisiert, weil er noch nicht eine allgemeine Aufforderung zur Flucht in den Westen verkündet hat. Er zögert, wohl weil er das endgültige Ende der uralten Christengemeinden des Nahen Ostens kommen sieht. Und dann spricht er auch vom bedrohten Bevölkerungsgleichgewicht in Europa und sagt: "Großzügigkeit allein reicht nicht. Man muss auch aufmerksam sein!"

Schließlich wird die letzte Wortmeldung angekündigt. Anschließend gibt der Generalsekretär bekannt, dass wir 247 Beiträge in der Aula gehört haben, und ein weiterer schriftlich eingereicht wurde. Damit ist eine wichtige Etappe der Synode abgeschlossen. Ab Freitag geht es wieder in die Sprachgruppen.

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John Allen, ein berühmter Vatikanista, entschuldigt sich heute ausdrücklich bei seinen Lesern für einen Hörfehler in einem Interview mit Kardinal Napier, das diesen zu heftigen Dementis veranlasst hat. In diesem Geist der demütigen Aufrichtigkeit möchte ich einen Nachtrag liefern zur gestern vermeldeten Ankündigung von Bomben. Als ich heute nachfragte, was das denn nun gewesen sein sollte, sagte mein väterlicher Freund, dass der vom Wetterbericht angekündigte Starkregen dann eigenartigerweise doch nicht gekommen sei. "Bomben - so sagen die Römer für Regengewitter!" bekräftigt er noch. Man könnte jetzt sagen: Er ist Spanier und hat lange in Japan gelebt, ich in Oberbayern - also: "lost in translation" irgendwo zwischen Tokio und St. Ottilien. Aber ich ermanne mich und übernehme hiermit, wie John Allen, die volle Verantwortung für diesen Hörfehler. Dixi.

Von Jeremias Schröder OSB