Regensburger Bischof über kirchliche Diskussion nach MHG-Studie

Voderholzer warnt vor Instrumentalisierung des Missbrauchs

Veröffentlicht am 18.12.2018 um 10:00 Uhr – Lesedauer: 
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer im Porträt.
Bild: © KNA

Regensburg ‐ "In der Kirche sind fürchterliche Dinge passiert", sagt Bischof Rudolf Voderholzer mit Blick auf den Missbrauchsskandal. Gleichzeitig warnt er jedoch vor einem "Missbrauch des Missbrauchs", um die Kirche zu verändern.

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Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sich angesichts des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche beschämt gezeigt. Zwar sei Kindesmissbrauch ein gesamtgesellschaftliches Problem, aber "auch in der Kirche sind fürchterliche Dinge passiert", sagte Voderholzer am Dienstag dem österreichischen Blog kath.net. "Man kann sich dafür nur abgrundtief schämen." Die "von alten zölibatären Männern geleitete" katholische Kirche sei aber auch "die erste und bislang einzige große Institution der Zivilgesellschaft in Deutschland", die sich offen und schonungslos diesem Thema stelle und es umfassend angehe.

"Missbrauch des Missbrauchs"

Wissenschaftler hatten Ende September bei der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda ihre unabhängige "Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" vorgestellt. Die sogenannte MHG-Studie müsse jetzt wissenschaftlich studiert und auch "auf ihre Stärken und Schwächen hin untersucht" werden, sagte Voderholzer. Man sei noch längst nicht mit den eigenen Anstrengungen zufrieden.

Gleichzeitig warnte der Bischof vor einer Instrumentalisierung des Missbrauchsskandals innerhalb der katholischen Kirche. Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch innerkirchliche Kreise die Fälle sexueller Gewalt dazu missbrauchten, "ihre Rezepte, die schon vorgestern nichts taugten, mal wieder anzupreisen", so der Bischof. Sie nutzten die Straftaten als Gelegenheit, endlich ihre "andere Kirche" zu erschaffen. "Das ist es, was ich Missbrauch des Missbrauchs nenne."

Bischöfe und Theologen hatten im Anschluss an die Vorstellung der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz unter anderem gefordert, gegen den Klerikalismus innerhalb der Kirche vorzugehen. Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sprach sogar davon, dass der "Missbrauch von Macht in der DNA der Kirche" stecke. Auch den Zölibat, den Umgang mit homosexuellen Priestern und die katholische Sexualmoral als Ganze stellten Kritiker zur Disposition.

Statt einer Weiterentwicklung der Sexualmoral fordert Voderholzer, die "Theologie des Leibes" des heiligen Johannes Paul II. "fruchtbar" zu machen. Der habe ein menschlich-personales Verständnis der Sexualität als Ausdruck der ganzheitlichen Hingabe. Der Regensburger Bischof sieht dagegen aktuell "eine Trennung von Leib und Seele beim Reden über Mann und Frau, eine Missachtung der leiblichen Bestimmtheit des Menschen entweder als Mann oder Frau". Der Leib sei jedoch die Ausdrucksgestalt der "Geist-Seele" des Menschen und dürfe daher nicht zum bloßen Instrument der Lustbefriedigung erniedrigt werden.

Voderholzer: umfassend kulturelles Miteinander mit Islam nicht möglich

Voderholzer sprach in dem Interview außerdem über das Verhältnis von Christentum und Islam. Dabei betonte er, dass ein "umfassend kulturelles Miteinander" nach seinem Dafürhalten nicht möglich sei. Es gebe lediglich ein kulturelles Nebeneinander. "Wer mit wachen Sinnen die Entwicklung ansieht, wird die Möglichkeit, dass eine muslimische Mehrheitsgesellschaft kommen wird, nicht ausschließen können", so der Bischof weiter. Die Ursache dafür liege aber nicht in der Attraktivität des Islams, sondern in der "Lauheit der Christen". Die beste Antwort auf die Zukunftssorgen sei deshalb, "den christlichen Glauben in seinem Reichtum, in seiner ganzen Schönheit ernst zu nehmen und frohen Sinnes zu leben". (bod)

Linktipp: Zwei Probleme: Klerikalismus und Sexualmoral

Über die erschreckenden Zahlen zum Missbrauch in der katholischen Kirche haben diverse Medien bereits berichtet. Doch was sind die Ursachen? Und welche Empfehlungen sprechen die Forscher aus? Katholisch.de hat sich die Studie angeschaut – auch im Hinblick auf das "Tabuthema" Homosexualität.