Dem Islamhass nicht weichen
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Nach dem Massaker in Neuseeland twitterte Annegret Kramp-Karrenbauer: "Egal gegen wen sich Hass, Gewalt und Terror richten, am Ende sterben Menschen, verlieren Kinder ihre Eltern und Eltern ihre Kinder. Dafür kann es keine Erklärung und darf es nie Entschuldigung geben. Im Gedenken an Opfer in Christchurch nie einen Zweifel daran aufkommen lassen." Kritiker monierten, das müsse man erstmal fertig bringen: Eine Kondolenzadresse mit "Egal" zu beginnen. Die Opfer als Menschen, Eltern und Kinder vorzustellen, war sicher gut gemeint, sollte Empathie unterstützen. Es wurde aber auch als Flucht ins Allgemeine, Unangreifbare wahrgenommen. Denn warum so viele Menschen sterben mussten, blendete die CDU-Chefin aus: Ein von Islamhass und "Umvolkungs"-Verschwörungstheorien getriebener Rechtsextremist agierte seinen Vernichtungswillen gegen Muslime aus.
Ist es bei uns inzwischen inopportun, von Muslimen als Terroropfern zu sprechen? Haben Konservative Hemmungen, rechtsextreme Täter und ihre Verbrechen als das zu benennen, was sie sind: faschistisch und rassistisch? Etwa um vermeintlich typisch linke Codewörter zu vermeiden, obwohl sich heute, wie auch Papst Franziskus warnte, faschistoide Tendenzen in Europa wieder selbstbewusst manifestieren? Haben sie demokratische Politiker schon so in die Defensive getrieben, dass hier die toxische Ideologie hinter der Tat unerwähnt bleibt und die muslimische Minderheit nicht als solche, sondern nur noch als "Menschen" in Familien verteidigt wird?
Zu den roten Linien, die Kardinal Reinhard Marx 2017 gegenüber der AfD zog, gehörte auch "die Verunglimpfung anderer Religionsgemeinschaften". Gewalt beginnt im Kopf und im Bauch: durch Ängste, Verhetzung, Rechtfertigungsmodelle. Laut Forsa ist hierzulande das Vertrauen in den Islam seit 2016 von 25 auf 7 Prozent gesunken – von Letzteren sind die meisten selbst Muslime. Die Versuchung, vor diesem Trend zurückzuweichen, ist groß, wo Politik vor allem auf die Maximierung von Zustimmungsbereitschaft aus ist.
Jede Religion muss sich kritisieren lassen. Jede hat ihre Pathologien, spektakuläre und diskrete. Doch Tempo und Ausmaß der Verbreitung anti-islamischer Ressentiments sollten uns beunruhigen. Auch deshalb, weil die pauschale Verteufelung der zweitgrößten Weltreligion selbst hervorbringt, wovor sie warnt: Rechtschaffene, integrationswillige Muslime werden durch dauernde Beleidigungen ihres Glaubens und ihrer selbst als unerwünscht geradezu in die Arme fragwürdiger religiöser und ausländischer politischer Autoritäten getrieben. Ein Großteil der landläufigen "Islamkritik" ist insofern destruktiv.
Übrigens äußerte sich auch Angela Merkel durch ihren Sprecher auf Twitter: "Ich trauere mit den Neuseeländern um ihre Mitbürger, die friedlich betend in ihren Moscheen überfallen und aus rassistischem Hass ermordet wurden. Wir stehen Seite an Seite gegen solchen Terror".