Standpunkt

Kein Skandal: Weihnachtskarte ohne Weihnachten

Veröffentlicht am 21.12.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Empörung war groß: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung verschickt eine Weihnachtskarte – ohne Weihnachten zu erwähnen! Kein Grund zum Hyperventilieren, kommentiert Steffen Zimmermann.

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Man musste ja schon fast Sorge haben, dass Weihnachten in diesem Jahr ganz ohne Skandal über die Bühne gehen würde. Das Fest der Liebe ohne kulturkämpferische Debatten? Ohne erregte Diskussionen über den religiösen Gehalt des Festes und das, was die konsumierende, säkularisierte und politisch korrekte Mehrheit inzwischen daraus gemacht hat?

Doch "Entwarnung": Am Mittwoch kam er doch noch um die Ecke – der diesjährige Weihnachtsskandal. Natürlich aufgedeckt von der "Bild"-Zeitung. Die empörte sich über die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Wiedmann-Mauz, die auf einer Grußkarte zu Weihnachten doch tatsächlich das Wort "Weihnachten" unterschlagen hatte! "Widmann-Mauz (CDU) schafft 'Weihnachten' ab", hyperventilierte "Bild" – und mit ihr all jene Medien und Politiker, die immer gerne auf Züge des Springer-Blattes aufspringen.

Mit Verlaub: Die Empörung über die Weihnachtkarte ist lächerlich und an Heuchelei mal wieder kaum zu überbieten. Wer angesichts einer Postkarte den Untergang des Abendlandes herbeiredet oder -schreibt, betreibt eine durchsichtige und gefährliche Skandalisierung und spielt all jenen in die Hände, die Deutschland ohnehin am Abgrund wähnen.

Man mag die Grußkarte der Integrationsbeauftragten verunglückt, unbedacht oder albern finden – ein Skandal ist sie nicht. Und Weihnachten wird dadurch auch nicht in Gefahr gebracht. Die aufgeregte Debatte um die Karte zeigt vielmehr ein ganz anderes Problem: die tiefe gesellschaftliche und religiöse Verunsicherung in unserem Land, die durch skandalisierende Medienberichte immer weiter befeuert wird. Wer ernsthaft glaubt, dass Deutschland islamisiert wird oder Weihnachtsmärkte aus Gründen der politischen Korrektheit in Wintermärkte umbenannt werden, der glaubt natürlich auch, dass die Integrationsbeauftragte aus Rücksicht auf Muslime Weihnachten abschaffen möchte.

Es sind solche Skandalisierungen, die zu der gesellschaftlichen Spaltung in unserem Land beitragen. Der Drang mancher Medien, aus jeder noch so kleinen Geschichte einen großen Skandal zu machen, ist fatal und sollte im Sinne des gesellschaftlichen Friedens dringend hinterfragt werden. Darüber hinaus haben wir Christen es aber selbst in der Hand, Weihnachten auch gesellschaftlich den Stellenwert zu geben, den das Fest der Geburt Christi verdient. Dazu würde jedoch auch gehören, sich wieder stärker der eigentlichen Bedeutung des Festes bewusst zu werden. Genau dafür sollten wir ohne Schaum vor dem Mund werben.

Von Steffen Zimmermann

Der Autor

Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.