Kirche und Fernstehende: Die Antwort darf nicht bloß "Nein!" sein
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"Pfarrer verweigert Eltern die Taufe ihres Sohnes", hieß es in der vergangenen Woche im Münchner Merkur. Der Vater aus der Kirche ausgetreten, die Mutter orthodox, dennoch bitten sie den katholischen Pfarrer um die Taufe. Der verweigert sie und wird im Gespräch mit der Zeitung – der Vater bringt einen rechtlichen Anspruch auf die Taufe vor – maximal unglücklich zitiert: "Wer hat hier einen Abschluss in Kirchenrecht mit 1,0?"
Unter dem Artikel verweist die Zeitung auf "mehr News aus dem Landkreis": "Auf der B 388 hat sich am Freitagnachmittag ein schwerer Unfall ereignet" – und auch die Sache mit der verweigerten Taufe liest sich wie ein Unfall in Zeitlupe. Die Geschichte lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln erzählen. Die arrogante Kirche mit ihren weltfremden Regeln (der Pfarrer: "Für mich war klar: Das sind zwei nicht römisch-katholische Personen"). Die Anspruchshaltung der Eltern (der Vater: "wegen der Kirchensteuer ausgetreten"). Der Pfarrer, der das Sakrament ernst nimmt und zum Aufschub der Taufe rät ("dann kann es selbst Ja zu Gott sagen"). Der Vater, dessen Trennung von der Kirche nicht so festgefahren ist, wie es scheint ("aber trotzdem sind meine Frau und ich gläubig"). Und vermutlich sind alle diese Perspektiven, redet man mit den Betroffenen, gut nachvollziehbar – in Zeitlupe lässt sich ein Unfall viel besser erklären als am Steuer, wenn plötzlich Gegenverkehr auftaucht.
Solche Einzelfälle kommen häufiger vor, meistens landen sie nicht in der Lokalzeitung; auch in der katholisch.de-Redaktion melden sich – per Mail, über Facebook, per Telefon – regelmäßig Menschen, die auf mehr oder weniger nachvollziehbare Probleme beim Kontakt mit der Kirche stoßen. Meist geht es dabei um Menschen, die an Lebenswenden wieder Kontakt (oder auch "nur" Dienstleistungen, das heißt: Segen) bei der Kirche suchen: Taufe, Heirat, Beerdigung. Was im Pfarrbüro Tagesgeschäft und Routine ist, ist für diese Menschen jetzt gerade existentiell und einmalig wichtig; was nach Anspruchshaltung und unverschämten Wünschen klingt, hat sehr oft sehr gute Gründe – ebenso wie das, was ohne Erklärung als Bürokratie und Arroganz der Kirche aussieht. Meistens findet sich ein gutes Ende, wenn man einfach darüber redet und herausfindet, worum es eigentlich geht. Dazu braucht es vor allem Zeit und Erreichbarkeit.
Wenn Gemeindereformen mehr erreichen sollen, als den Mangel zu verwalten – Mangel an Priester- und anderen Berufungen, Mangel an Gläubigen, und in absehbarer Zeit Mangel an Geld – müssen sie hier ansetzen: Pastoralteams und Pfarrbüros zu ermöglichen, dass die erste Antwort nie "Nein!" sein muss, sondern: "Erzählen Sie mehr! Wir finden eine Lösung!"