Tag der Deutschen Einheit: Kirchen rufen zu Solidarität und Gerechtigkeit auf

Mehr als nur ein freier Tag

Veröffentlicht am 03.10.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Tag der Deutschen Einheit

Bonn/Stuttgart ‐ Ökumenisch haben die christlichen Konfessionen in Stuttgart den Tag der Deutschen Einheit begangen. Gemeinsam mit zahlreichen Gläubigen feierten die katholischen Bischöfe Robert Zollitsch und Gebhard Fürst, die evangelischen Landesbischöfe Frank Otfried July und Ulrich Fischer sowie der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos einen Gottesdienst in der Stiftskirche.

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In seiner Begrüßung nannte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, die friedliche Revolution von 1989 ein "Geschenk Gottes". Zugleich dankte er den mutigen Menschen, die sie damals vorangetrieben hatten. Ebenso mahnte July an, sich für die Menschen einzusetzen, die heute unter Gewalt und Unfreiheit leiden. Einen besonderen Fokus legte er dabei auf die Situation in Syrien.

Die Kraft des Gebets

In seiner Predigt erinnerte der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch an die Kraft des Gebets. Friedensgebete hätten den Umbruch in der DDR mitgeprägt. Sodann verwies er auf ein aktuelles Beispiel: "Papst Franziskus hatte zu Gebet und Fasten für den Frieden in Syrien aufgerufen. Weltweit sind Christen in vielen Kirchen diesem Aufruf gefolgt. Von manchen wurde dies belächelt", sagte Zollitsch. "Doch keine Woche später hatte sich die scheinbar ausweglose Situation gewandelt, konnten sich Russland und die USA überraschend auf ein gemeinsames Vorgehen einigen". Weiter sagte der Erzbischof: "Ja, wir dürfen vertrauen, dass das Gebet wirkt und eine starke Kraft ist!"

Der Tag der Deutschen Einheit erinnert nach den Worten Zollitsch daran, dass engagierte Menschen in der DDR durch Demonstrationen und besonnenes Handeln "das Menschenmögliche getan" hatten, um die Wiedervereinigung zu erreichen: "Aber es wäre letztlich zu wenig gewesen. Was geschehen ist, war mehr als die Summe allen Engagements", sagte er und weiter: "Ein Anderer – so bin ich überzeugt – hatte seine Finger mit im Spiel: Gott."

Überdies dürfe in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, "dass es die unverdiente Zuwendung zum Anderen und auch zum Fremden ist, die Bereitschaft ihn aufzunehmen und solidarisch zu sein, die auch heute gefragt ist", so Zollitsch weiter. Etwa, "wenn Menschen aus anderen Teilen der Welt zu uns kommen, weil sie dort um ihr Leben fürchten müssen" – aber auch in vielen anderen Bereichen des Zusammenlebens, wenn es darauf ankomme, jemanden zu pflegen, Zeit füreinander aufzubringen, sich für die Gemeinschaft oder die Schöpfung einzusetzen.

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Impulse für Versöhnung, Nächstenliebe und Gerechtigkeit

Bereits im Vorfeld des Tages der Deutschen Einheit hatte Zollitsch die Hoffnung geäußert, dass von dem Tag Impulse für Versöhnung, Nächstenliebe und Gerechtigkeit ausgehen. "Die deutsche Einheit fordert uns, Brücken zueinander zu bauen – in Ost und West, in Geduld und Ausdauer. Sie ruft uns auch zur Solidarität mit den Menschen und Völkern der Welt, die in Krieg, Verfolgung und Unfreiheit leben müssen", hatte der Erzbischof in der aktuellen Ausgabe der Freiburger Kirchenzeitung "Konradsblatt" geschrieben.

Nach Überzeugung des Freiburger Erzbischofs hat das vereinte Deutschland die Aufgabe, "zu einem Europa beizutragen, das verlässlich der Verständigung und dem Frieden unter den Völkern und Staaten dient", so Zollitsch in der Kirchenzeitung weiter. Es brauche deshalb Tage wie den 3. Oktober, "die weit mehr sein wollen als ein zusätzlicher freier Arbeitstag, die uns vielmehr mahnen, das Geschenk der Einheit nicht als etwas Selbstverständliches zu betrachten".

Gottesdienst und Bürgerfest

Neben den Kirchenvertretern nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert und der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, am Gottesdienst teil. Die Feier in der Stuttgarter Stiftskirche fand im Rahmen des großen Bürgerfestes zum Tag der Deutschen Einheit statt, das am Mittwoch und Donnerstag in der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg gefeiert wurde. Zu den zahlreichen Informations- und Unterhaltungsangeboten gehörten auch solche der christlichen Kirchen.

Die offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit finden seit 1990 in einer Großstadt - meist der Landeshauptstadt - jenes Bundeslandes statt, das zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat innehat. Jedes Jahr stellt ein anderes Land den Vorsitzenden. Seit dem 1. November 2012 steht Winfried Kretschmann an der Spitze des Bundesrates. (meu)