Gudrun Sailer über Franziskus' Popularität bei Muslimen

Friedensstiften im Weltmaßstab

Veröffentlicht am 12.10.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Gudrun Sailer über Franziskus' Popularität bei Muslimen

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Nicht in allen Winkeln der katholischen Kirche genießt Papst Franziskus Wohlwollen, doch überraschend populär ist er "draußen". Besonders auch in der muslimischen Welt. Mit gutem Grund. Seit Franziskus vor dreieinhalb Jahren zum Nachfolger Petri gewählt wurde, hat er in diesem Punkt alles richtig gemacht.

Am Gründonnerstag wusch er muslimischen Flüchtlingen (unter ihnen Frauen) die Füße. Muslimisch waren die ersten Familien, die er von der Insel Lesbos nach Rom mitbrachte. In Istanbul sagte der Papst, der Koran sei ein Buch des Friedens. Und selbst nach dem ersten gezielten Mord des "Islamischen Staates" an einem Priester in Europa – Jacques Hamel - verzichtete Franziskus darauf, die Worte "Islam" und "Terror" in einem Satz zu vermengen: Fundamentalisten gebe es nicht nur unter Muslimen, kommentierte er. In bestimmten katholischen Kreisen (übrigens speziell in Nahost) werden solche Sätze und Gesten des Papstes als verzerrend und relativistisch empfunden oder – berechtigt – mit vielen Fragezeichen versehen. In breiten muslimischen Kreisen dagegen werden sie mit Staunen und weiter wachsender Wertschätzung aufgenommen. Wenn auch nicht bei den Islamisten, doch ihnen können es ohnehin nur ihresgleichen recht machen.

Franziskus geht immer bis zum Äußersten in seinem Entgegenkommen, wie auch an seinem Umgang mit der Piusbruderschaft und der russischen Orthodoxie deutlich wird. Und er ist Realist. Es ist nicht so, dass er bloß naives Vertrauen in das Gute im muslimischen Menschen hat, das wäre in der Tat zu wenig. Vielmehr begreift er, was er als wichtigster Religionsführer der Welt zu tun hat: das Gute im anderen bestärken, dort, wo es ist. Nicht religionskämpferisch auftreten und nicht ablehnend. Um Vertrauen werben. Mit Sympathie und Empathie kommen, gerade jetzt, wo in Europa und anderen reichen Erdteilen Sympathie und Empathie mit Muslimen auf breiter Basis schwinden. Viele Muslime assoziieren den Papst mit "dem Westen". Das ist eine stark verkürzte Wahrnehmung, aber in der explosiven Gemengelage der Zeit eine Verpflichtung für den Papst. Und die nimmt er an.

Ins Konkrete ausbuchstabiert? Der verhinderte Attentäter von Chemnitz war Islamist. Die syrischen Landsleute, die ihn zur Strecke brachten, waren Muslime. Der Papst bestärkt zweitere. Man kann das Friedensstiften im Weltmaßstab nennen

Von Gudrun Sailer

Die Autorin

Gudrun Sailer ist Redakteurin bei "Radio Vatikan".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.