Politiker Thomas Dörflinger über das veränderte Profil seiner Partei

"Konservative vermissen Integrationsfigur in CDU"

Veröffentlicht am 15.11.2016 um 13:20 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Würzburg ‐ Der CDU-Politiker Thomas Dörflinger sieht bei seiner Partei kein klares Profil. Mit ihrem veränderten Gesellschaftsbild öffne die CDU die rechte Flanke, kritisiert er. Davon profitiere eine andere Partei.

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Nach Angaben des CDU-Politikers Thomas Dörflinger hat sich das Familien- und Gesellschaftsbild seiner Partei in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. "Wenn wir vor 20 Jahren eine Debatte zum Thema Präimplantationsdiagnostik oder zum Thema Sterbehilfe geführt hätten, wäre die Position der CDU vorhersehbarer gewesen, als dies jetzt der Fall ist", sagte der scheidende Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Kolpingverbands am Dienstag in einem Interview der Würzburger "Tagespost".  

Dörflinger vermisst Politiker wie Alfred Dregger

Nach Dörflingers Eindruck fehlt den konservativen Wählern in der CDU eine Integrationsfigur. "Der National-Konservative, den es in der CDU ja auch immer gab, der fühlte sich bei einem Alfred Dregger gut aufgehoben, auch wenn Dregger mit dem, was er politisch vertrat, sicher nicht für die Mehrheit der CDU stand", so Dörflinger. Alfred Dregger war von 1982 bis 1991 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagfraktion und prominenter Vertreter des konservativen Flügels in der Partei. Solche Identifikationsfiguren gebe es heute eher nicht mehr, so Dörflinger. Stattdessen habe die CDU ihre rechte Flanke geöffnet, was die AfD nun für sich nutze.

Thomas Dörflinger (CDU) ist seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestags und vertritt dort den Wahlkries Waldshut (Baden-Württemberg).
Bild: ©picture alliance / dpa

Thomas Dörflinger (CDU) ist seit 1998 Abgeordneter des Deutschen Bundestags und vertritt dort den Wahlkries Waldshut (Baden-Württemberg). Er ist auch Mitglied des Zentralkommitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Mit Blick auf den Nachwuchs sagte der Politiker, nach seiner Erfahrung seien junge Leute heute nicht generell politikverdrossen. Es gebe jedoch nicht mehr wie früher eine enge Verbindung zwischen dem Engagement in einem Verein oder Verband und einem Engagement in der Politik. Noch zu Zeiten seines Vaters sei es quasi eine "Automatik" gewesen, dass der "Kolpingsohn, der zunächst im Pfarrgemeinderat engagiert war, ein Mandat in der politischen Gemeinde erhielt, dann später vielleicht Bürgermeister wurde oder ein anderes politisches Mandat annahm". Diese Automatik gebe es heute nicht mehr.

Kritik an der CDU

Thomas Dörflinger gehört dem Bundestag seit 1998 an. Der 51-jährige will bei der Bundestagswahl 2017 nicht mehr für ein Abgeordnetenmandat kandidieren. Zur Begründung gab er persönliche Gründe und den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung, aber auch Kritik an seiner Partei an. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich mit mancher Weichenstellung in unserer Partei auf der Bundesebene eher kritisch umgegangen bin. Vieles ist mir zu beliebig geworden". Dörflinger gehört innerhalb der CDU dem konservativen "Berliner Kreis" an. (gho)