Katholiken und Orthodoxe feiern Weihnachten an verschiedenen Terminen

Ein Spagat für viele Gläubige

Veröffentlicht am 06.01.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Konfessionen

Bonn ‐ Weihnachten ist vorbei, aber nicht für alle: Mehr als 200 Millionen Orthodoxe feiern die Geburt Jesu am 7. Januar. Der Grund dafür sind verschiedene Kalender. Viele Gläubige geraten deshalb in einen Konflikt.

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Zwischen der katholischen und den orthodoxen Kirchen gibt es einige Unterschiede: Der Termin des Weihnachtsfestes ist einer davon. Alle feiern am 25. Dezember die Geburt Jesu. Aber die katholische und die orthodoxen Kirchen benutzen unterschiedliche Kalender. Deshalb liegen die Termine entweder am 25. Dezember oder am 7. Januar nach dem westlichen Kalender. Wie kam es zu dieser Zeitverschiebung?

Einige orthodoxe Kirchen richten sich bei der Festlegung ihres Kirchenjahres nach dem julianischen Kalender. Dieser wurde 45 vor Christus eingeführt und nach seinem Schöpfer benannt: Julius Caesar. Der julianische Kalender orientiert sich an der Sonne. Damit war er eine kleine Revolution in der Antike, denn die vorherigen Kalender hatten sich nach dem Mond gerichtet. Sie waren mit 355 Tagen im Jahr relativ ungenau gewesen. Der neue Kalender Caesars bringt es jährlich auf 365,25 Tage und ist damit auch nicht präzise genug am Sonnenjahr ausgerichtet, das 365,242190 Tage hat.

Papst Gregor führte neuen Kalender ein

Im Jahr 1582 führte Papst Gregor XIII. einen neuen Kalender ein, um diese Ungenauigkeit, die inzwischen zehn Tage betrug, auszugleichen. Der heute noch gültige gregorianische Kalender zählt 365,2425 Tage und ist damit näher am Lauf der Sonne orientiert. Zunächst übernahmen ihn nur die katholischen Länder, erst nach und nach folgten andere Nationen. China führte den gregorianischen Kalender 1949 als bislang letzter Staat ein. Die Orthodoxen sprechen sich nach wie vor gegen die neue Zählung aus, da sie sich nicht dem Papst unterordnen wollten. Doch ein Großteil der Welt richtet sich heute nach diesem päpstlichen Kalender.

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Die eine Kirche Christi tritt in verschiedensten Formen auf, etwa in den orthodoxen und orientalischen Kirchen. Wir erklären das katholische Verständnis von "Kirche", was das für die Ökumene bedeutet und stellen unterschiedliche Traditionen vor.

Die orthodoxen Kirchen, die sich nicht am julianischen Kalender orientieren, haben ein anderes kalendarisches Modell: den neujulianischen Kalender. 1923 übernahmen zahlreiche Ostkirchen diesen vom serbischen Geophysiker Milutin Milankovic entwickelten Kalender. Er stimmt mit dem gregorianischen Kalender überein, besitzt jedoch minimal weniger Schalttage. Mit seinen 365,242222 Tagen ist er bislang einer der korrektesten Kalender der Welt.

So feiern heute die orthodoxen Kirchen von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien, Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Albanien und Finnland das Weihnachtsfest am 25. Dezember. Die Kirchen von Jerusalem, Russland, Serbien, Mazedonien, Polen, Tschechien, der Slowakei, Georgien und der Ukraine sowie die Klöster der griechischen Mönchsrepublik Berg Athos blieben beim julianischen Kalender, der inzwischen bereits 13 Tage Unterschied zum gregorianischen aufweist. Auch die altorientalischen Kirchen - Armenier, Kopten, Äthiopier und Eritreer – feiern die Geburt Jesu erst am 7. Januar nach dem gregorianischen Kalender. Somit begehen etwa 200 Millionen Christen Weihnachten etwas später als ihre zwei Milliarden Glaubensgeschwister.

Ostern feiern Orthodoxe nach julianischem Kalender

Beim Ostertermin verhält es sich etwas anders. Aufgrund der großen Bedeutung des wichtigsten christlichen Festes feiern dies alle Orthodoxen – außer der Kirche Finnlands – gemäß dem julianischen Kalender. Zuletzt hatte Papst Franziskus den Ostkirchen angeboten, sich auf einen gemeinsamen Ostertermin mit der katholischen Kirche zu einigen. Die Orthodoxie ist bislang noch nicht auf dieses Angebot eingegangen.

Die Verwendung verschiedener Kalender ist für die Gläubigen in den jeweiligen Kirchen manchmal ein Spagat, so zum Beispiel in Russland. Während sich die Kirche nach dem julianischen Kalender richtet, orientiert sich die Gesellschaft des Landes am gregorianischen. Daher wird Neujahr am 1. Januar gefeiert, während sich das orthodoxe Weihnachtsfest erst am 7. Januar anschließt. Zudem haben viele Russen die Gewohnheit übernommen, sich am 25. Dezember Geschenke zu machen. Dabei liegt der Weihnachtstag nach der kirchlichen Zählung in der vorweihnachtlichen Fastenzeit der Kirche – ein Dilemma für die Gläubigen. Selbst der von vielen als eher konservativ angesehene Moskauer Patriarch Kyrill I. hat sich von seiner strengen Verurteilung des gregorianischen Kalenders gelöst. Für gewöhnlich gratuliert er den Russen nun nicht nur zum kirchlichen Neujahrsfest am 13. Januar, sondern auch schon etwas früher: am 31. Dezember.

Die verschiedenen Kalender verschieben sich mit der Zeit immer weiter. Ob das ein Grund für eine kalendarische Reform ist, hängt vom individuellen Zeitgefühl ab. Der Unterschied zwischen dem julianischen und dem gregorianischen Kalender wird ungefähr alle 130 Jahre einen Tag größer. Auch der gregorianische und der neujulianische Kalender werden sich in Zukunft um einen Tag unterscheiden. Doch dazu wird es erst im Jahr 2800 kommen.

Von Roland Müller