Kritik an Plänen von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere

Jesuiten gegen verschärfte Abschiebehaft

Veröffentlicht am 14.01.2017 um 10:51 Uhr – Lesedauer: 
Jesuiten gegen verschärfte Abschiebehaft
Bild: © KNA
Politik

Berlin ‐ Die Pläne von Innenminister de Maiziere stellten den Rechtsstaat infrage, kritisiert der Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Die Lösung für einen besseren Schutz vor Terrorattacken sei eine andere.

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Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hält die geplante Verschärfung der Abschiebehaft für unverhältnismäßig und überflüssig. Der Direktor des deutschen Zweigs, Frido Pflüger, äußerte am Freitag in Berlin zwar Verständnis für die Forderung nach einem besseren Schutz vor weiteren Terrorattacken. Dies dürfe aber nicht "unsere offene, demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft" infrage stellen. Die Mittel für eine Gefahrenabwehr stünden schon jetzt schon zur Verfügung, sie müssten aber konsequent angewendet werden.

Jesuiten: Wir brauchen keine weiteren Gesetze

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatten angekündigt, Abschiebehaft gegen sogenannte Gefährder zu erleichtern und bei fehlenden Reisedokumenten eine Haftdauer von bis zu 18 Monaten zu ermöglichen. Pflüger kritisierte, dass sich die Sicherheitsdiskussion stark auf die Abschiebehaft konzentriere, obwohl Ausreisepflichtige nur einen geringen Teil der Personen ausmachten, die als Gefährder eingestuft würden.

Pater Frido Pflüger
Bild: ©KNA

Pater Frido Pflüger, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Deutschland

Stefan Keßler, Referent für Politik und Recht beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst, sagte: "Wir haben bereits Gesetze, die eine engmaschige Kontrolle von ausreisepflichtigen Gefährdern ermöglichen." Sie seien jedoch im Fall des Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz nicht angewandt worden. "Ein Vollzugsdefizit lässt sich nicht durch weitere Gesetze lösen", so Keßler.

Sollte die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit als eigenständiger Haftgrund eingeführt werden, verliere die Abschiebehaft ihren Charakter als Verwaltungsmaßnahme, die lediglich sicherstelle, dass eine Person wie geplant abgeschoben werden könne. Stattdessen diente sie praktisch als Präventivhaft. "Ein gleichsam vorsorglicher Freiheitsentzug, der über einen kurzen und situationsbedingten Gewahrsam hinausgeht, ist mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht vereinbar", so Keßler.

In mehr als 50 Ländern aktiv

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) wurde 1980 angesichts der Not vietnamesischer Boat People gegründet und ist heute als internationale Hilfsorganisation in mehr als 50 Ländern aktiv. (KNA)

Linktipp: Auf der Flucht

Die Flüchtlingskrise fordert Staat, Gesellschaft und Kirchen mit ganzer Kraft heraus. Auch die katholische Kirche in Deutschland engagiert sich umfangreich in der Flüchtlingsarbeit. Weitere Informationen dazu auf der Themenseite "Auf der Flucht".