Papst schätzt Augsburger Knotenlöserin, war aber nie da

Schöne Legende

Veröffentlicht am 12.03.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Kunst

Augsburg ‐ Die Augsburger Knotenmadonna zählt zu den Lieblingsbildern des Papstes. Deshalb ist das barocke Gemälde in der Stadt ein Touristenmagnet. Doch es gibt da ein Missverständnis.

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Selig, die nicht sehen und doch glauben: Papst Franziskus ist zwar ein Verehrer der Augsburger "Knotenlöserin", aber das barocke Originalbild in der Kirche Sankt Peter am Perlach hat er entgegen einer verbreiteten Vermutung bisher nicht zu Gesicht bekommen. "Ich war nie in Augsburg", erklärte das Kirchenoberhaupt in einem "Zeit"-Interview. Auch über die Qualität der Darstellung äußerte sich Franziskuswenig schmeichelhaft.

Maria löst die Knoten des Lebens

Das Gemälde zeigt die von Engeln umgebene Muttergottes, wie sie Knoten aus einem langen Band zu lösen scheint - eine Allegorie für die Knoten des Lebens. Zugleich zertritt Maria den Kopf einer Schlange, Zeichen der Erbsünde. Das Bild wurde um 1700 vom Augsburger Patrizier Hieronymus Ambrosius Langenmantel als Dank für die Rettung seiner Ehe gestiftet. Gemalt hat es vermutlich Johann Georg Melchior Schmidtner (1625-1705).

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Video: © katholisch.de

Wer ist Maria? Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

Jorge Mario Bergoglio war 1986 auf die sogenannte Knotenmadonna aufmerksam geworden. Damals hielt sich der Jesuit mehrere Monate in Deutschland auf, um an einer Dissertation zu arbeiten. Dort lernte er nach eigenem Bekunden eine Ordensschwester kennen, die ihm zu Weihnachten eine Grußkarte mit der Knotenlöserin geschickt habe. "Das Bild machte mich sofort neugierig", so der Papst. Es habe ihm so gut gefallen, dass er angefangen habe, selbst Postkarten damit zu verschicken.

In der Fuggerstadt hingegen ging man bisher davon aus, Bergoglio sei selbst in Augsburg gewesen. Ein Perlach-Geistlicher schilderte Erzählungen, wonach der Argentinier "hellauf begeistert" von dem Gemälde gewesen sei und mehrere Andachtsbilder in seine Heimat mitgenommen habe. Doch ein Beleg für einen Aufenthalt des nachmaligen Papstes in Augsburg fand sich nicht - wie überhaupt manches bei Bergoglios damaliger Deutschlandstation im Dunkeln blieb.

Unbestritten ist aber, dass der Jesuit ein treuer Verehrer der Knotenlöserin wurde und für seine Verbreitung in Südamerika sorgte. Auf dem Schreibtisch des Erzbischofs von Buenos Aires stand stets eine Kopie des Augsburger Gnadenbildes. Allein in Argentinien gibt es mindestens acht Kirchen mit der Augsburger Darstellung. Eine von der Künstlerin Marta Beti angefertigte Kopie hängt etwa in San Jose del Talar in Buenos Aires, am 8. jedes Monats pilgern Tausende Gläubige dorthin.

2013 hielt die Knotenmadonna mit dem neuen Papst auch Einzug im Vatikan. Franziskus sprach bereits kurz nach seiner Wahl bei einer Maiandacht über die Löserin der Lebensknoten. In vielen Einrichtungen ist die Darstellung zu sehen, auch im Gästehaus Santa Marta, in dem Bergoglio wohnt. Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner schenkte ihm sogar eine Kopie des Gnadenbildes. Aus Augsburg erhielt das Kirchenoberhaupt eine Silberplakette mit der Knotenlöserin.

Das Original ist nach wie vor ein Publikumsmagnet. Noch immer werden in der Perlachkirche Reisegruppen empfangen, deren einziger Programmpunkt die Knotenlöserin ist. Nach der Papstwahl gab es einen regelrechten Hype, 1.800 E-Mails erreichten den für die Kirche zuständigen Bürgerverein binnen weniger Monate. Mit der künstlerischen Qualität des Gemäldes hat das aber offenkundig wenig zu tun. Zu Recht äußert Franziskus in dem Interview, Schmidtners Gemälde sei "ziemlich mittelmäßiger Barock".

Linktipp: Wie Franziskus über Maria denkt

Unter dem Titel "Maria: Gedanken über die Mutter Gottes" hat Bischof Stefan Oster im vergangenen Jahr im Herder-Verlag ein Buch mit Gedanken von Papst Franziskus über die Mutter Gottes herausgegeben.

Aufmerksame Betrachter stellen inzwischen sogar infrage, ob Maria auf dem Bild überhaupt als "Knotenlöserin" dargestellt ist. Denn wenn man genauer hinsieht, scheint es, als löse die Muttergottes die beiden Knoten in ihrer Hand nicht voneinander, sondern ziehe sie zusammen. Dann ergäbe allerdings auch die Ursprungsgeschichte um Langenmantels Ehe, deren Verknotungen Maria aufgelöst habe, keinen Sinn - und Augsburg wäre um eine fromme Legende ärmer.

Vielleicht kommt er ja noch....

Wie auch immer, das Bistum reagierte auf das Interview betont gelassen. Die Augsburger freuten sich immer sehr, wenn sie auf den Papstbildern aus dem Vatikan im Hintergrund die Knotenmadonna sähen. "Ganz offensichtlich ist er ein großer Freund dieses Motivs", sagte ein Sprecher. Und vielleicht komme Franziskus im Fall einer Deutschlandreise ja doch noch nach Augsburg, um sich das Original anzuschauen.

Von Bernd Buchner (KNA)