Märchenprinz gesucht
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Impuls von Kaplan Christian Olding
12 Uhr Mittags, die Sonne brennt erbarmungslos. Zeit zum Dösen und Warten auf kühlere Stunden. Die Arbeit ruht, will man keinen Kreislaufkollaps riskieren. Wer in dieser Gegend um die Mittagszeit Wasser holen geht, der will nicht gesehen werden. Der hat genug von schrägen Blicken und bösen, verletzenden Nachfragen. So wie dieses arme "Flittchen", das im Evangelium durch die Gegend schleicht: Von Männern begafft, von Ehefrauen argwöhnisch beäugt, von Moralaposteln verurteil und weggeworfen, von manch einem vielleicht noch bemitleidet. Viele Frösche hat sie inzwischen geküsst, aber keiner hat sich in den ersehnten Traumprinzen verwandelt. Die bisherigen Beziehungskisten haben ihr keine Erfüllung gebracht, sondern sie ziemlich einsam gemacht. Diese Frau weiß nur zu gut, dass mit ihrem Leben etwas nicht in Ordnung ist, dass dort eine Lücke klafft und eine Leere sie quält.
Jesus kommt bei ihr schnell zur Sache und bietet ihr an, diesen Durst nach Leben zu löschen und sie will es. "Kannst Du haben", sagt Jesus. "Doch es wird dein Leben verändern. Es wird Konsequenzen für dein Leben haben." Leben mit Jesus hat Konsequenzen. Du kannst von seinem Angebot profitieren. Geh einfach zu ihm. Doch leider suchen wir oft an falschen Stellen nach Liebe und Geborgenheit.
Auch ohne christliche Moral wissen Menschen in diesem Land, dass konsumierter oder medialer Sex nicht glücklich und schon gar nicht die Seele satt macht. Eigentlich will doch keiner Liebe und Sex voneinander trennen. Ich will auch wissen, werde ich im Alter geliebt? Bleibst du bei mir, wenn ich krank werde? Das nennt man dann wohl Treue. Ich will bei jemanden geborgen sein, ein Zuhause haben. Ich will jemanden, zu dem ich kommen kann und bei dem mich verstanden fühle. Dieser Wunsch ist mindestens so mächtig wie das Verlangen nach Sex. Er fällt nur nicht so auf, aber fällt mindestens so ins Gewicht.
Jesus legt seinen Finger auf den wunden Punkt im Leben der Frau. Er will klare Verhältnisse, damit das Leben Sinn macht und ein Ziel hat. Gott wusste, dass der Mensch es nicht packt, aus eigener Kraft sein Leben vollkommen in Ordnung zu bringen. Deswegen gab er uns seinen Sohn.
Der Frau am Jakobsbrunnen ist kein Prinz vor die Füße gefallen. Aber: Ihre Selbstachtung, ihre Würde als Frau ist wiederhergestellt. Ihr Männerbild, ihre Prioritätenliste hat sich geändert. Ihr Lebensdurst und ihr Liebeshunger sind gestillt. Ihre Sehnsucht danach, dabei sein zu dürfen, ist erfüllt. Sie hat Zugang bekommen zu sich, zu den anderen und zu Gott.
Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 4, 5-42)
In jener Zeit kam Jesus zu einem Ort in Samarien, der Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte.
Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen.
Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.
Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.
Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen. Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann, und komm wieder her! Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt.
Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss. Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: der Gesalbte - Christus. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht. Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du?, oder: Was redest du mit ihr?
Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort und sagte zu den Leuten: Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias? Da liefen sie hinaus aus dem Ort und gingen zu Jesus. Währenddessen drängten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! Er aber sagte zu ihnen: Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt. Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?
Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen. Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Ich aber sage euch: Blickt umher und seht, dass die Felder weiß sind, reif zur Ernte. Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, so dass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät, und ein anderer erntet. Ich habe euch gesandt, zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit.
Viele Samariter aus jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte.
Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.