SPD-Kanzlerkandidat würdigt Einsatz der Kirchen

Schulz kritisiert AfD-Aufruf zum Kirchenaustritt

Veröffentlicht am 25.04.2017 um 11:05 Uhr – Lesedauer: 
Schulz kritisiert AfD-Aufruf zum Kirchenaustritt
Bild: © KNA
Politik

Bonn ‐ Beim Bundesparteitag der AfD gab es heftige Kritik an den Kirchen - sogar einen Aufruf zum Kirchenaustritt. Nun wendet sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz an die deutschen Bischöfe.

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SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat die jüngste Kirchenkritik der AfD zurückgewiesen. Auf dem Bundesparteitag der AfD am vergangenen Wochenende seien die Kirchen "in ungeheuerlicher Art und Weise" angegriffen worden, schreibt Schulz an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in einem Brief, welcher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag vorliegt. Aufrufe zum Kirchenaustritt seien "unerhört", so Schulz.

Die AfD habe auf ihrem Parteitag "wieder einmal gezeigt", dass es ihr um "Spaltung, Provokation und rechten Populismus" gehe, schreibt der Politiker weiter. Die SPD lehne wie auch die Kirchen den Versuch ab, "das Zusammenleben innerhalb der einzelnen Religionsgemeinschaften gesetzlich regeln zu wollen".

Linktipp: SPD-Vorsitzender Schulz trifft Kardinal Marx

Der SPD-Kanzlerkandidat und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sprachen in Berlin über den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Flüchtlingspolitik - und vereinbarten ein gemeinsames Ziel. (Artikel vom März 2017)

AfD-Bundesvorstandsmitglied Paul Hampel hatte am Samstag unter Beifall der Delegierten zum Kirchenaustritt aufgerufen. "In dem Verein sollte keiner von uns mehr Mitglied sein", rief er den Teilnehmern des AfD-Bundesparteitags in Köln zu. Harsche Kritik an der Beteiligung der Kirchen an den Anti-AfD-Kundgebungen übte auch Bundessprecherin Frauke Petry. Sie sprach von "hässlichen, abwertenden und polarisierenden Bemerkungen".

Schulz dankte den Kirchen in seinem Brief für ihren Einsatz für Weltoffenheit, Solidarität und Toleranz. Nicht erst am vergangenen Wochenende hätten sie sich "in aller Deutlichkeit gegen Ausgrenzung und Hass in jeder Form positioniert". Schulz: "Für uns ist das Wirken der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch nichts zu ersetzen." (KNA)

Das Schreiben im Wortlaut

"Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,

(bzw. "Sehr geehrter Herr Landesbischof Dr. Bedford-Strohm,")

die Kirchen in Deutschland gestalten die Gesellschaft, in der wir leben, aktiv mit. Ich bin froh und dankbar, dass Sie sich in unserem Land für Weltoffenheit, Solidarität und Toleranz stark machen - in den Kirchengemeinden, den Verbänden, den sozialen Einrichtungen und vielen anderen Orten.

In den vergangenen Tagen in Köln, aber auch drüber hinaus, haben sich die Kirchen und Religionsgemeinschaften klar zur demokratischen Verfasstheit Deutschlands bekannt und sich in aller Deutlichkeit gegen Ausgrenzung und Hass in jeder Form positioniert. Herzlichen Dank dafür.

Angesichts der unfassbaren und abscheulichen Vorwürfe, die auf dem Parteitag der sogenannten Alternative für Deutschland an diesem Wochenende zum Ausdruck gebracht wurden, ist es mir ein großes Bedürfnis Ihnen meine tief empfundene Solidarität auszudrücken. In ungeheuerlicher Art und Weise sind die Kirchen massiv angegriffen worden. Aufrufe zum Kirchenaustritt sind unerhört.

Auf ihrem Parteitag hat die AfD wieder einmal gezeigt, worum es ihr wirklich geht: um Spaltung, Provokation und rechten Populismus. Genauso lehnen wir, wie auch Sie, den Versuch ab, das Zusammenleben innerhalb von einzelnen Religionsgemeinschaften gesetzlich regeln zu wollen - egal ob es sich hierbei um den Islam oder eine andere Religionsgemeinschaft in Deutschland handelt.

Für uns ist das Wirken der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch nichts zu ersetzen, insbesondere wo sie zur Verantwortung für die Mitmenschen und das Gemeinwohl ermutigen und Tugenden und Werte vermitteln, von denen die Demokratie lebt. Wir achten ihr Recht, ihre inneren Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze autonom zu regeln.

Es ist nicht selbstverständlich, dass sich viele Menschen für Gerechtigkeit und Zusammenhalt engagieren. Deshalb muss es unser gemeinsames anliegen als Zivilgesellschaft - Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, Politik - sein, die Demokratie in Deutschland und Europa lebendig und wehrhaft zu halten. Der Beitrag und das Engagement der Kirchen und Religionsgemeinschaften sind davon von großer Bedeutung. Dafür bin ich Ihnen persönlich und als SPD-Vorsitzender sehr dankbar.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir, abseits des Wahlkampfs, den Austausch für eine weltoffene Gesellschaft und wehrhafte Demokratie in unserem Land fortsetzen könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schulz"