Jenseits von Säkularismus und Theokratie

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"Der Papst des Friedens im Ägypten des Friedens" so lautete das Motto des nur 27 Stunden währenden Besuchs von Papst Franziskus in Ägypten. Gewaltig war die Mission seiner Reise: die Stärkung und Ermutigung der Christen im Land am Nil, nicht zuletzt der knapp 300.000 vorwiegend koptischen Katholiken; die Förderung der Einheit mit den koptisch-orthodoxen Mitbrüdern mit dem Bestreben der gegenseitigen Anerkennung der Taufe; die Fortsetzung des Interreligiösen Dialogs mit dem Großimam der Al-Azhar Universität, dem Repräsentanten des sunnitischen Islam, und als Botschafter des Friedens.
Mit Ägypten hat der Papst das bevölkerungsreichste muslimische Land des Nahen Ostens besucht. Die rund 9 Millionen Christen machen ca. 10 Prozent der Bevölkerung Ägyptens aus. In keinem anderen arabischen Land gibt es einen vergleichbaren Anteil an Christen. Ägypten ist das Land, in dem Jesus, Maria und Josef Zuflucht gefunden haben. Es ist das Land der Zehn Gebote, des Bundes zwischen Gott und Mensch auf dem Sinai. Einen geschichts- und symbolträchtigeren Ort gibt es wohl kaum für eine Friedensbotschaft des Papstes mitten im komplexen Spannungsgeflecht von Religion und Staat, von Christentum und Islam, von Glaube und Vernunft, von Gewalt und Frieden.
Und dann mitten hinein dieser Satz von Papst Franziskus auf der Internationalen Friedenskonferenz in Kairo: "Der Sinai erinnert uns vor allem daran, dass ein echter Bund auf Erden nicht auf den Himmel verzichten kann, dass die Menschheit nicht den Vorsatz fassen kann, sich in Frieden zu treffen, wenn sie Gott von Ihrem Horizont ausschließt und sie kann auch nicht auf den Berg steigen, um sich Gottes zu bemächtigen." Es gebe ein "gefährliches Paradoxon": einerseits die Neigung, "die Religion in die Privatsphäre zu verbannen, ohne sie als konstitutive Dimension des Menschen und der Gesellschaft anerkennen zu wollen" und andererseits die Vermischung von religiöser und politischer Sphäre.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. schrieb jüngst an die Veranstalter einer Konferenz in Warschau über den "Begriff des Staates nach den Lehren Joseph Ratzingers/Benedikts XVI." von einer besonderen Gefahr unserer Tage: "Der Gegensatz zwischen den Konzepten eines radikal atheistischen Staates und der Schaffung eines radikal theokratischen Staates durch islamische Bewegungen schafft eine gefährliche Situation für unsere Zeit, deren Wirkungen wir jeden Tag erleben. Diese radikalen Ideologien fordern uns dringend auf, ein überzeugendes Konzept vom Staat zu entwickeln, das der Konfrontation dieser beider Herausforderungen standhält und hilft, sie zu überwinden".
Im Kern zielen beide Warnungen in dieselbe Richtung: Nicht die Befreiung von Gott und Religion oder deren Verdrängung in die reine Privatsphäre - wie im westlichen Europa nicht selten suggeriert - fördern den Frieden. Auch nicht eine Theokratie, die Gott instrumentalisiert und Gewalt im Namen Gottes legitimiert. Beides ist eine verhängnisvolle Illusion. Für den Frieden bedarf es vielmehr einer Gesellschaft und eines Staates, die verinnerlicht haben, dass Menschenwürde und Menschenrechte sich nicht einer menschlichen Konvention verdanken. Menschliche Konvention allein vermag die Unveräußerlichkeit der Grund- und Freiheitsrechte letztlich nicht zu begründen. Salam aleikum!