Diskussionen um Nominierung für US-Botschaft

Streit um Trumps Frau für den Vatikan

Veröffentlicht am 23.05.2017 um 18:00 Uhr – Lesedauer: 
USA

Washington ‐ Nach dem Willen von Donald Trump soll Callista Gingrich neue Botschafterin beim Heiligen Stuhl werden. Beobachter fragen sich irritiert: Was qualifiziert Gingrich für diese Aufgabe?

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Die Geschichte beginnt am 18. August 2000. Callista, geborene Bisek, heiratet Newt Gingrich. Der prominente Republikaner ist ein typischer Südstaaten-Baptist, sie eine überzeugte Katholikin. Ihn kennt man als ehemaligen Sprecher des US-Kongresses (1995-1999). Sie ist ein unbeschriebenes Blatt. Aber sie hat Einfluss. Vor allem auf Gingrichs Glauben. Neun Jahre später tritt der prominente Republikaner in die katholische Kirche ein.

Gingrichs Sendungsbewusstsein mag ein Grund sein, warum die Trump-Regierung die 51-Jährige für den begehrten Posten des US-Botschafters beim Heiligen Stuhl bereits früh in Erwägung zog. Am Freitagabend, wenige Tage vor seiner ersten Begegnung mit Papst Franziskus am Mittwoch, machte Donald Trump die Nominierung offiziell.

Experten haben kein Verständnis für die Nominierung

Die Entscheidung sorgt für Diskussionen: Nicht nur in katholischen Kreisen herrscht ein gewisses Unbehagen über die Personalie. Der US-amerikanische Kirchenhistoriker Gerald Fogarty etwa hält Gingrich für zu unerfahren für den Posten. Er sei "schockiert", dass die Regierung es nicht geschafft habe, jemanden zu finden, der geeigneter sei, um die Wogen zwischen dem Vatikan und den USA zu glätten, sagte er dem "National Catholic Reporter" (NCR). Der Papst und der US-Präsident hatten sich im Zusammenhang mit Trumps Einwanderungs- und Klimapolitik gegenseitig teils heftig kritisiert.

Papst Franziskus bei seiner USA-Reise 2015 in Philadelphia.
Bild: ©KNA

Papst Franziskus soll bald eine neue Kontaktperson zu den USA im Vatikan bekommen: Callista Gingrich soll nach dem Willen der Regierung Botschafterin beim Heiligen Stuhl werden.

Ähnlich äußerte sich auch der Politologe Stephen Schneck von der Katholischen Universität von Amerika in Washington. Gingrich selbst bringe keine internationale Erfahrung oder Kenntnisse über den Vatikan mit. Über ihren Ehemann sei sie jedoch gut vernetzt und habe Zugang zur US-Führungsebene, so Schneck. NCR-Kolumnist Michael Sean Winters nannte Trumps Wahl nicht besonders "inspirierend". Es wundere ihn, dass eine Partei, die die Familienwerte hochhalte, eine Frau für die US-Vertretung beim Papst nominiere, die jahrelang eine Affäre mit Newt Gingrich geführt habe, während dieser noch verheiratet war. Die Blondine mit dem bohrenden Blick hatte dies unter Eid beim Scheidungsverfahren bezeugt.

Gingrich wäre die dritte Frau der Vereinigten Staaten, der man das besondere Amt im Kirchenstaat anvertraut - vor ihr vertraten bereits Lindy Boggs (1997-2001) und Mary Ann Glendon (2008-2009) die USA beim Heiligen Stuhl. Sollte der US-Senat der Nominierung Gingrichs zustimmen, würde sie auf den bisherigen Botschafter Ken Hackett folgen, der den Posten seit 2013 innehatte. In die Amtszeit Hacketts, der 19 Jahre lang Präsident des Hilfswerks Catholic Relief Service war, fielen Ereignisse wie der Vatikanbesuch Barack Obamas 2014 und die Papstreise in die USA 2015.

"Cally Lou" sang für zwei Päpste

"Cally Lou", wie Gingrich von ihrer Familie genannt wird, war bereits zwei Mal auf Tuchfühlung mit dem Vatikan. Als Mitglied des Chors an der Basilika des Nationalen Schreins der Unbefleckten Empfängnis in Washington trat sie 2005 zu Ehren Johannes Paul II. auf. Sie sang auch für Papst Benedikt XVI. während seines USA-Besuchs 2008.

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Gibt es eine Standpauke vom Pontifex? Oder eine getwitterte Lüge vom Präsidenten? Vor dem anstehenden Besuch von Donald Trump bei Papst Franziskus sind viele Szenarien denkbar, erklärt US-Experte Thomas Reese.

Beruflich gibt es ebenfalls Anknüpfungspunkte. Zusammen mit ihrem Mann produziert sie historisch-politische Dokumentationen, oft mit religiösen Bezügen. So haben die Gingrichs die Heiligsprechung Papst Johannes Pauls II. verfilmt. NCR-Kolumnist Winters hält indes das Amerika-Bild, das in den Produktionen zum Ausdruck kommt, für ausgesprochen schlicht. Die musikalische Callista, die neben Gesang und Klavier auch auf dem Horn zu spielen weiß, ging nach dem Abitur als Praktikantin in die Politik. Bis 2007 arbeitete sie im Ausschuss für Agrarwirtschaft. Nicht gerade eine Vita für einen Botschaftsposten am Vatikan.

Aber letztlich geht es um die Kontakte. Und die könnte die diplomatisch Unerfahrene durchaus herstellen - ähnlich wie ihre Vorvorgängerin Boggs. Diese habe, so berichtet Winters, als sie eines Tages vom Kardinalstaatssekretär zu einer Dringlichkeitssitzung gerufen wurde, kurzerhand zum Telefon auf dessen Schreibtisch gegriffen. Zwei Minuten später hatte sie die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright in der Leitung. Das sei es, was der Vatikan von einem Botschafter erwarte. Und dafür dürfte die umtriebige Callista gute Voraussetzungen mitbringen.

Von Bernd Tenhage und Inga Kilian (KNA)