Kritik an politischer Aktivität

CDU-Politiker: Kirchen fehlt Bezug zur Realität

Veröffentlicht am 25.05.2017 um 01:00 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Heilbronn ‐ Er ist zwar selbst Katholik, trotzdem kritisiert CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn die Kirchen für ihr politisches Engagement. In seinen Augen hätten diese nämlich eine ganz andere Aufgabe.

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CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn übt Kritik an den Kirchen. "Sie sollten sich mehr auf ihre Kernthemen konzentrieren - also Seelsorge, Glaubensvermittlung oder auch das Karitative. Stattdessen mischen sie sich jedoch zu sehr in die Tagespolitik ein und machen sich so nur zu einem von vielen Interessenvertretern", sagte der CDU-Politiker im Interview mit der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Freitag). Zudem fehle ihm bei den Kirchen oft der Bezug zur Realität.

"Ex-Bundespräsident Gauck sagte auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise: Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind begrenzt", fügte der Katholik hinzu. "Diese ehrliche Klarheit vermisse ich leider zu oft bei Predigten und öffentlichen Äußerungen von Vertretern meiner Kirche." Als konservative Kraft wolle die CDU Veränderungen behutsam angehen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesfinanzministerium. "Die CDU ist nie Avantgarde von gesellschaftlichen Veränderungen und wird das auch nie sein", erklärte er. Sie mach manche Themen durch Verlangsamung aber mehrheitsfähig. "Das ist unsere große Stärke."

Weiter machte sich Spahn stark für ein Einwanderungsgesetz, in dem die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt im Fokus stehen solle. Es gehe auch darum, unkontrollierte Einwanderung durch den massenhaften Missbrauch des Asylrechts zu unterbinden. "Wir müssen auch lernen, Erwartungen an die Einwanderer zu formulieren. Wer zu uns kommt, muss nicht Goethe auswendig lernen. Aber wir dürfen erwarten, dass sich Zuwanderer interessieren für die Kultur unseres Landes und dass sie mit anpacken wollen - und nicht als Erstes einen Antrag auf dem Amt stellen."

Beck: "Das ist eine paradoxe Intervention"

Mit Unverständnis reagierte Volker Beck, der religionspolitische Sprecher der Grünen, auf die Aussagen Spahns: "Wenn ein Politiker einer Partei, die das Christentum im Namen führt, den Kirchen sagt, sie sollen sich aus der Politik heraushalten, ist das schon eine paradoxe Intervention", erklärte er am Donnerstag in Köln. Das kirchliche Engagement etwa für Flüchtlinge gefalle "offensichtlich nicht jedem in der CDU". "Das ist ein erstaunlicher Befund", so Beck. "Vielleicht sollten die Rechten in der Union sich eher fragen, warum sie sich mit ihrer Politik von den Kirchen und ihrer christlichen Botschaft der Nächstenliebe entfremdet haben." (kim/KNA)

25.05., 11:50 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme Volker Becks

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