Ehrliche Sehnsucht

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Impuls von Kaplan Christian Olding

Ernst Bloch formulierte einmal so schön: "Die Sehnsucht scheint mir die einzige ehrliche Eigenschaft des Menschen." Und es gibt eine Sehnsucht nach Ruhe in uns. Die begnügt sich nicht damit, einfach mal fünfe gerade sein zu lassen. Es geht um eine innere Zufriedenheit, die den Herausforderungen des Lebens standhält.

Mein Leben ist manchmal verdammt eng und klein und ich habe einen ordentlichen Anteil daran. Ich brauche meine Korridore und meine Sicherheiten. Die Zwänge, die ich beklage, sichern zugleich mein Rückgrat. Was würde passieren, wenn ich loslasse? Fliegen oder fallen, das ist die Frage. Jesu Versprechen ist da. Da ist ein Mehr an Leben, eine tiefere Befriedigung zu holen.

Es ist die Aufforderung damit aufzuhören, anderen und mir selbst vormachen zu müssen, ein anderer zu sein, damit ich liebenswert und gut genug bin. Dann klappt es mit mir selbst, mit Gott und den Mitmenschen. Von Jesus zu lernen, heißt hier, sich um sein Ego erleichtern zu lassen. Das entspannt doch erheblich. Das Kreisen um mich selbst kann einen Ausweg finden und ich bin immer mehr in der Lage, mich zu öffnen, das Leben an mich heranzulassen.

Es geht um einen Prioritätenwechsel in meinem Leben. Ich schleppe nicht mehr meine Lasten, sondern lasse mich von Jesu Botschaft bestimmen. Ich versuche nicht mehr mir selbst Frieden zu erarbeiten. Ich lasse mir Frieden schenken. Ich lasse mich auf einen neuen Lebensstil ein. Das ist immer ein Risiko und ein Joch, weil ich nicht weiß, ob es hinhauen wird.

Es gibt Wahrheiten, die muss man selbst entdecken. Da reicht die Erfahrung anderer für mein Leben nicht aus. Die Geschichten anderer können mich höchstens motivieren, mein Vertrauen auf Gott zu setzen. Sie machen deutlich, wie Vertrauen geht: niemals theoretisch. Schwimmen lernt auch keiner beim Zuschauen vom Beckenrand aus. Irgendwann kommt der Moment, an dem ich springen muss. Dann heißt es learning by doing. Genauso ist es auch mit dem Glauben an Jesus.

"Kommt alle zu mir", heißt es im Evangelium. Das ist nicht vom hohen Ross herunter formuliert, nach dem Motto, "wenn du was von mir willst, dann musst du schon zu mir kommen". Jesus drängt sich nicht auf. Er wirbt für sein Angebot mit der Sorge, wir könnten es uns entgehen lassen. Die Verantwortung bleibt bei mir, den Schritt zu wagen. Das Drängen aber übernehme ich heute für Jesus: Geh zu ihm und rede mit ihm über sein Angebot. Lass dir eine Zufriedenheit ins Herz geben, die anderswo nicht zu finden ist. 

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 11, 25-30)

In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.

Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.