Felix Neumann über den Friedenspapst Benedikt XV.

Rufer in der Wüste

Veröffentlicht am 01.08.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Felix Neumann über den Friedenspapst Benedikt XV.

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Papst Benedikt XV. war ein Rufer in der Wüste: Heute vor 100 Jahren, am ersten August 1917, wandte er sich an die Lenker der gegnerischen Staaten des Ersten Weltkriegs mit einem Programm für einen Verständigungsfrieden. "Dès le début", "Von Beginn an", ist die in der Diplomatensprache Französisch und nicht im Latein der Kurie verfasste Note überschrieben: Von Anfang an widmete er sein Pontifikat dem Frieden.

Über die Hälfte seine Amtszeit, die von 1914 bis zu seinem Tod 1922 dauerte, tobte der Erste Weltkrieg. Immer wieder appellierte er an die Kriegsparteien, endlich einen gerechten Frieden zu schließen; schon in seiner Antrittsenzyklika forderte er ein Ende der "entsetzlichen Abschlachterei".

Benedikt XV. ließ sich auf keine Seite ziehen, der Vatikan wahrte strikte Neutralität – ohne Erfolg; die Neutralität wurde ihm als Parteilichkeit für die jeweiligen Gegner ausgelegt. Der deutsche General Ludendorff nannte ihn "Franzosenpapst", der französische Ministerpräsident Clemenceau "pape boche", "Deutschenpapst". Von den Ortskirchen erfuhr der Papst wenig Unterstützung. Viele Katholiken stellten ihren Nationalismus über den Friedenswillen des Papstes, der Kölner Kardinal Felix von Hartmann hintertrieb gar Benedikt XV. mit seiner Bemerkung, "Dès les début" sei keineswegs eine Äußerung des Oberhaupts der Kirche, sondern des Oberhaupts des Vatikans.

Der Papst wurde nicht gehört – weder im Krieg, der noch über ein Jahr weiter tobte, noch im Frieden, der anschließend ausgehandelt wurde: Er wandte sich gegen die harten Bedingungen des Friedensvertrags von Versailles, in denen er den Keim eines neues Krieges ahnte – und wieder rechtbehielt.

Die Forderungen Benedikts, die sehr wohl die des Bischofs von Roms und nicht allein des Souveräns des Vatikans waren, wurden aber seither immer wieder bekräftigte Lehre der Kirche: Völkerrecht und Schiedsgerichte, die in den internationalen Beziehungen die Herrschaft der Macht durch die Herrschaft des Rechts ersetzen sollen. Abrüstung und eine Beschränkung des Militärischen auf Verteidigung. Und schließlich: Der Verzicht auf Krieg als Mittel der Politik.

Papst Benedikt XV. blieb ein Rufer in der Wüste, so gewichtig sein Beitrag zur Friedensethik auch war. Er blieb in seiner Zeit ein ungehörter Rufer, weil Katholiken den kleinlichen Nationalismus über den Ruf des Evangeliums stellten, in jedem Menschen den Nächsten zu sehen – und nicht nur im "Volksgenossen".

Von Felix Neumann

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