Hans-Joachim Höhn zur Informationslage über den Glauben

Was ist katholisch?

Veröffentlicht am 23.08.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Hans-Joachim Höhn zur Informationslage über den Glauben

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Einst war das Lexikon Auskunftei und Autorität, wenn es um die Beseitigung von Unwissen und um die Klärung von Streitfragen ging. Allerdings verlangte es dazu eines gewissen Aufwands. Man musste sich in alphabethischen Ordnungssystemen auskennen, den richtigen unhandlichen und schwergewichtigen Band aus dem Bücherregal holen und sich durch die Dünndruckseiten zum passenden Stichwort voranblättern. Diese Zeiten sind vorbei. Das Lexikon wurde ersetzt durch das Smartphone; Brockhaus und Duden wurden von Google abgelöst. Die Suche erfolgt sprachgesteuert. Die klare Ansage des Stichwortes genügt. Im Bruchteil einer Sekunde wird aufgelistet, wo man im Internet von Experten informiert wird. Ganz oben auf dieser Liste rangieren Internetseiten, die das Suchwort im Titel tragen.

Wer heute wissen will, was katholisch ist, ist zwar nach wie vor gut beraten, sich auf bibliothekarischem Weg mit Informationen zu versorgen. Aber der schnellere Weg führt ins Internet und zu Adressen, die in unterschiedlichen Variationen und Erweiterungen mit dem Kürzel "kath***" operieren. Dort erfährt der interessierte, aber unkundige Zeitgenosse, was das Katholische ausmacht. Ich habe diesen Test in den letzten Tagen unternommen und interessante Ergebnisse erhalten: Katholisch ist es, nicht nur eine von  Klerikern aufgebaute irdische Hierarchie zu akzeptieren, sondern auch eine himmlische Hierarchie aus (Erz-)Engel, Märtyrern und gewöhnlichen Heiligen anzunehmen. Katholisch ist es, die Reliquien der Heiligen als Medien göttlichen Heilswirkens zu verehren und über 40.000 Marienerscheinungen in einem Zeitraum von 36 Jahren für möglich zu halten. Katholisch ist es, in der Eucharistie keine glutenfreien Hostien zu verwenden, die nicht aus Weizen bestehen. 

All dies sind für einen Außenstehenden vermutlich ziemlich bizarr und skurril anmutende Auskünfte. Der Schluss liegt nahe, dass es typisch katholisch ist, das Bizarre und Skurrile am Katholischen herauszustellen. Dabei gerät in den Hintergrund, dass es in der katholischen Kirche den Leitgedanken einer "Hierarchie der Wahrheiten" gibt. Er soll verhindern, dass das Bizarre für das Wesentliche und das Skurrile für das Eigentliche gehalten wird. 

P.S. Wer wissen will, welche Glaubensinhalte in der "Hierarchie der Wahrheiten" die oberen Ränge einnehmen, lässt sich am besten lexikalisch informieren - zum Beispiel mit einem Blick in M. Delgado/M. Sievernich (Hg.), Die großen Metaphern des Zweiten Vatikanischen Konzils, Freiburg 2013.

Von Hans-Joachim Höhn

Der Autor

Dr. Hans-Joachim Höhn ist Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Universität Köln.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.