Wer traut sich?

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Impuls von Schwester Veronica Krienen
Gemeinsam leben ist wirklich nicht einfach! Das merke ich in einer Lebensgemeinschaft mit über 20 Frauen, die einander nicht ausgesucht haben, das merken andere in ihren Familien, Freundeskreisen, Arbeitsteams und das können wir alle live in den großen Zusammenhängen der Politik wahrnehmen.
Vermutlich hat Matthäus das auch schon erlebt, wenn er Jesus einige Ratschläge für das Leben in der christlichen Gemeinde geben lässt. Jesus setzt dabei voraus: Wo Menschen zusammenleben, da passiert Sünde, da verletzen wir einander, da werden wir schuldig – immer. Das ist unser menschlicher Normalfall. Aber was dann? Da wird es spannend, wie kann man damit umgehen, wie können wir als Gemeinde damit weiter gehen?
Einige Möglichkeiten kenne und erlebe ich: Wegschauen - "Geht mich nichts an", "Ich bin nicht zuständig", "Wird sich schon irgendwie einrenken", "Wird sich schon irgendwer drum kümmern"… Oder: Herumerzählen - "Hast Du eigentlich schon mitbekommen…", "Stell Dir mal vor, was da wieder"… Oder: Auf den Putz hauen - mal so richtig die Meinung sagen.
"Jesus der Klartexter", so eine Spruchkarte der Kampagne "Mensch Jesus", hat andere Ideen, er rät zur offenen Kommunikation und fordert auf, in den direkten Kontakt zu gehen, unter vier Augen zu sprechen. Das kostet was – vor allem wohl Mut, das muss man sich erstmal trauen. Jesus dem Klartexter in dieser Empfehlung zu folgen ist selbst in einer christlichen Gemeinschaft wie der unsrigen eine Königsdisziplin der Kommunikation - sie ist anspruchsvoll und nicht alltäglich.
Aber Jesus spricht nicht als Kommunikationsprofi, es geht ihm nicht einfach um eine alternative Strategie, bei ihm steht Motivation und Ziel im Vordergrund. Es soll darum gehen, den Bruder zurückzugewinnen. Das ist die Nagelprobe, wenn ich den Bruder, die Schwester auf einem Irrweg sehe: Schaue ich den Menschen - nicht den Fehler - liebevoll an, will ich ihn gewinnen für ein aufrichtiges Leben, für ein Leben, das weiterhin mit Jesus und seiner Gemeinde in guter Beziehung bleibt?
Im Alleingang kann ich das nicht, dann wird es leicht zur Besserwisserei. Dieses Kommunikations-Wagnis dürfen wir eingehen, weil Jesus selbst mitten unter uns ist, in unserem Team, in unserem Freundeskreis, in unserer Familie. Jesus ist da mit seinem guten Geist und mit seinem ermutigenden Beispiel. Nie hat er Menschen klein gemacht oder beschämt, immer war sein Wort aufrichtend und ausrichtend. An ihm darf ich maßnehmen, von ihm darf ich mich inspirieren lassen. Das kann Konflikthaftes unter uns lösen, das bindet uns neu aneinander.
Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 18,15–20)
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.
Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.
Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. Weiter sage ich euch: Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.