Thomas Seiterich über antijüdischen Hass in Kirchen

Judenfeindliche Skulpturen beseitigen

Veröffentlicht am 15.09.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Thomas Seiterich über antijüdischen Hass in Kirchen

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Im Jahr des Reformationsjubiläums rücken neben vielem anderen auch die mit antijüdischem Hass aufgeladenen, historischen Kirchenskulpturen in den Blick: Insbesondere die gut sichtbare "Judensau" an der Stadtkirche in Wittenberg, in der der Reformator Martin Luther predigte. Doch Wittenberg ist in Deutschland kein Einzelfall. Auch am Dom zu Wetzlar, der seit Jahrhunderten von Evangelischen und Katholiken gemeinsam genutzt wird, prangt eine Gestalt des Judenhasses seit einer Renovierung 1903 gut sichtbar über dem Hauptportal, das als Eingangstür dient.

Insgesamt sind es über 30 mittelalterliche Kirchen in Deutschland, in denen eine "Judensau" zum Gebäude zählt – die mit böser Treffsicherheit gestaltete, maximale Beleidigung jüdischer Menschen und jüdischen Glaubens.

Überall dort, wo evangelische oder katholische Kirchen solcherart besudelt sind, kam es in den letzten Jahren zu engagierten Auseinandersetzungen in den Gemeinden. Dabei scheint sich in den jeweiligen örtlichen Kirchengemeinderäten oder Stadträten  meist ein eher bewahrender Standpunkt durchzusetzen: Man lässt die Skulptur an ihrem jahrhundertealten Platz und dokumentiert mit einer Texttafel, um was es sich bei dem anstößigen Stück handelt und wie und weshalb sich die heutige Gemeinde davon distanziert.

Ich bin der Ansicht: Das genügt nicht. Denn dieses weiche, historisierende Erklär- und Distanzier-Verfahren erreicht viele Menschen, die diese Kirchen besuchen, nicht: Aus Gründen der fremden Sprache oder aufgrund des stets komplizierten Inhaltes. Denn dieser setzt unweigerlich Kenntnisse über Judentum und Christentum sowie über die Geschichte beider voraus  - ein Wissen, über das viele Menschen heute nicht mehr verfügen.

Deshalb ist Eindeutigkeit gefragt. Das heißt: Beseitigen. Diese klare Aktion kann auch mit einer Texttafel erklärt werden.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Redakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.