Der böse Winzer in mir
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Impuls von Schwester M. Salome Zeman
Bei manchen Leuten kann ich mich tierisch aufregen. Die meinen doch wirklich, die Welt drehe sich nur um sie. Diese Typen, die andere fertig machen und dabei noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, weil sie ernsthaft glauben, dass sie im Recht seien. Die meinen, sie hätten einen Anspruch darauf, dass sie es leicht haben im Leben und dass ihnen alles in den Schoß fallen müsste. Die überzeugt davon sind, dass ihnen alles zusteht, und die bereit sind, dafür auch über Leichen zu gehen. Und wenn mal nicht alle nach ihrer Pfeife tanzen, sind sie die armen Opfer der bösen, bösen Welt. Schuld haben sie sowieso nie an etwas. Wir sollten sie eigentlich am besten noch bemitleiden für ihre ganze Selbstherrlichkeit.
Ich will jetzt keine Namen nennen, aber ich bin überzeugt, wir alle kennen sie, die bösen Winzer aus dem Gleichnis im Sonntagsevangelium: in der großen Weltpolitik bis hin zu unserem Bekanntenkreis.
Was nur dumm daran ist, ist das: Wenn ich ganz ehrlich bin, kenne ich das von mir selber auch. Ich fühle mich so oft im Recht. Und oft genug finde ich es unmöglich von meinen Mitmenschen, wenn sie etwas von mir wollen, was ich ihnen nicht geben will oder kann. Immer kriegen die Anderen alles und ich kriege nichts. Immer werden alle anderen bevorzugt, und ich werde wieder einmal übersehen. Immer muss ich die unangenehmen Arbeiten machen, während die Anderen sich aussuchen, worauf sie Lust haben. Immer. Ich sag’s nicht gerne, aber es stimmt: Auch ich bin ein böser Winzer.
Nein, natürlich bin ich nicht immer und in allem ein böser Winzer. Aber ich kenne diese Seite in mir gut. Ich mag sie nicht, aber ich kann sie auch nicht einfach loswerden. Sie schleicht sich manchmal einfach an und überfällt mich hinterrücks.
Der böse Winzer in mir tut genau das gleiche wie die bösen Winzer im Evangelium: Er ist der festen Überzeugung, dass alle Früchte aus dem Weinberg ihm gehören. Alle. Nicht nur die, die er zum Leben wirklich braucht, sondern alle. Und dass damit gerechtfertigt ist, bis aufs Blut für sie zu kämpfen. Notfalls auch gegen den Sohn.
Aber was mich hoffen lässt, ist das: Wenn die Zeit reif ist, kommt der Besitzer meines Weinbergs und lässt den bösen Winzer in mir erschlagen. Ich hoffe, dass dann noch etwas übrig bleibt von mir, das nicht böser Winzer ist. Etwas, das es wirklich verdient, weiter im Weinberg Gottes zu arbeiten und das nicht meint, dass sich die Welt um mich drehen müsste. Etwas, für das Gott bereit ist, seinen Sohn hinzugeben. Etwas, das bereit ist, sich selbst mit ihm und für ihn zu verschenken.
Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 21, 33-44)
In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land.
Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seinen Anteil an den Früchten holen zu lassen. Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, einen dritten steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben.
Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn töten, damit wir seinen Besitz erben. Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. Wenn nun der Besitzer des Weinbergs kommt: Was wird er mit solchen Winzern tun?
Sie sagten zu ihm: Er wird diesen bösen Menschen ein böses Ende bereiten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist.
Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder? Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.
Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die erwarteten Früchte bringt.