Kaplan Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Gottes neue Kleider

Veröffentlicht am 14.10.2017 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN
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Bonn ‐ Die Einladung Gottes zum Hochzeitsmahl und die von ihm geschenkte Kleidung im Evangelium kommt für Kaplan Christian Olding ungelegen. Das Gleichnis erinnert ihn aber daran, dass die Lebenszeit kostbar ist.

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Impuls von Kaplan Christian Olding

Es ist ein Gleichnis der verpassten Chance. Unsere Zeit ist begrenzt. Der Abschnitt, der hinter uns liegt wird immer länger und damit die Frage, was fange ich an mit der Zeit, die mir noch bleibt, immer dringlicher. Das Leben geht dahin. Dabei hatten wir uns doch alle einmal Großes vorgenommen. Ich wollte anders sein als die anderen: aufmerksam, phantasievoll, konsequent meinen eigenen Weg gehen und mich nicht einholen lassen von den Nichtigkeiten des Alltags.

Und jetzt? Da kommt die Einladung zum Hochzeitsmahl um die Ecke. Sie will sich nicht so recht einfügen. Sie ist mehr eine unwillkommene Störung. Ich habe mich längst eingerichtet in meinen alltäglichen Abläufen. Manchmal so sehr, dass mir gar nicht mehr auffällt, wie wenig ich darauf achte, was doch mein Leben eigentlich bestimmen sollte: was gibt ihm Sinn und bringt es immer mehr mit Gott in Verbindung.

Diese Einladung ist keine freudige Unterbrechung. Ich stehle mich lieber davon mit fadenscheinigen Ausflüchten. Ich möchte mich nicht konfrontieren lassen mit unangenehmen Fragen: Was ist dir wichtig im Leben? Woran hängst du dein Herz? Nach welchen Grundsätzen und Prioritäten gestaltest du dein Leben? Himmel oder Erde? Reich Gottes oder irdische Angelegenheiten?

Das Gleichnis erinnert mich daran, dass meine Lebenszeit kostbar ist, viel zu kostbar, um sie an Nichtigkeiten zu verschwenden. Deswegen schließt das Evangelium mit der dramatischen Warnung, irgendwann ist es zu spät. Das ist keine Drohgebärde eines unfairen Gottes, sondern eine deutliche Warnung, die ich gerne mal übersehe.

Dass Gott den Menschen liebt und zwar bedingungslos, lässt sich gut vermarkten. Wir sehnen uns nach Bestätigung, wo wir doch sonst allerorten in Frage gestellt werden. Gott liebt mich wie ich bin. Ja. Aber ich erwarte insgeheim oft, dass er mich auch so lässt. Aber mein Leben wird nur gelingen, wenn wir Gott die Ehre geben, wenn er die Mitte meines Lebens wird. Da hakt es. Eine so radikale Veränderung wollen viele nicht.

In der Antike war es üblich, dass die Gäste vor einer Feier das Festgewand vom Gastgeber gestellt bekamen. "Meine Seele soll jubeln über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt." (Jesaja 61,10)

Doch manchmal will ich gar nicht Gottes geschenkte Festkleidung. Die Klamotten meiner Selbstgerechtigkeit finde ich recht attraktiv. Es gibt diese Ablehnung der "Hochzeitskleidung", die Gott schenkt, in vielen Variationen. Ja, Kleider machen Leute. Doch hier geht es um mehr als das Design. Hier ist es eine Frage der Existenz und der Lebensweise.

Von Christian Olding

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 22, 1-14)

In jener Zeit erzählte Jesus den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit!

Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert, eingeladen zu werden. Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein.

Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. Als sie sich gesetzt hatten und der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Mann, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen? Darauf wusste der Mann nichts zu sagen. Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße, und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt.

Der Autor

Christian Olding ist Kaplan in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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