Papst rechtfertigt Umgang mit Rohingya-Konflikt
Papst Franziskus hat sich dafür verteidigt, dass er während seines Aufenthalts in Myanmar die Rohingya-Flüchtlinge nicht beim Namen nannte. "Für mich ist am wichtigsten, dass die Botschaft ankommt", sagte er auf dem Rückflug von seinem Besuch in Myanmar und Bangladesch am Samstag. Wenn er das Wort Rohingya in einer offiziellen Rede gesagt hätte, wäre das nicht passiert: "Ich hatte nicht das Vergnügen, die Tür zuzuknallen, indem ich öffentlich etwas Anklagendes sagte – aber ich hatte die Genugtuung, einen Dialog aufzunehmen und auch die andere Seite zu hören," so der Papst. Man habe in den Ansprachen genau gewusst, was er meinte. Er sei sehr zufrieden, dass seine Botschaft auf diese Weise angekommen sei, so Franziskus.
Medien und Vertreter einiger Hilfsorganisationen hatten dem Papst vorgeworfen, den Konflikt zu lange nicht angesprochen zu haben. Erst in Bangladesch traf er einige Flüchtlinge und benutzte dabei spontan den Begriff "Rohingya"."Ich weiß allerdings nicht mehr genau, was ich gesagt habe", so der Papst. Er wisse nur, dass er zweimal um Vergebung gebeten habe. "In dem Moment habe ich geweint und versucht, dass niemand das sieht", gestand er. Auch einige der Flüchtlinge hätten geweint. Im buddhistischen Myanmar wird die muslimische Minderheit nicht als eigene Ethnie anerkannt und ihr Name nicht verwendet, ihre Mitglieder gelten nicht als Staatsbürger.
Das Nachbarland Bangladesch lobte der Papst während der "fliegenden Pressekonferenz" erneut dafür, mehr als 600.000 Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar aufgenommen zu haben, obwohl das Land nicht groß sei. "Ich denke da an die Länder, die ihre Türen schließen. Da müssen wir dankbar sein für das Beispiel, das Bangladesch uns gegeben hat!"
Franziskus bekräftigte, dass er auch bei dem Treffen mit dem Oberbefehlshaber der birmanischen Armee, General Min Aung Hlaing, hinter verschlossenen Türen "die Wahrheit nicht verhandelt" habe. "Ich habe so gesprochen, dass er verstanden hat, dass man heute die Dinge nicht mehr so machen darf, wie sie früher gemacht wurden", so der Papst. Die kurzfristig ins Reiseprogramm aufgenommene Begegnung war von Donnerstag auf kurz nach der Ankunft des Papstes in Myanmar am Montagabend vorverlegt worden. Das Gespräch am Sitz des Erzbischofs von Rangun dauerte 15 Minuten. "Es war ein gutes Treffen. Zivilisiert. Und auch bei dieser Gelegenheit ist die Botschaft angekommen," fügte Franziskus nun hinzu. Nach Berichten von UN-Ermittlern vertreibt die Armee seit August die seit 1982 staatenlosen Rohingya aus ihren Siedlungsgebieten im Bundesstaat Rakhine.
Neue Reisepläne für Asien
Auf dem Rückflug aus Dhakar nannte der Papst den mitreisenden Journalisten bereits nächste Reisepläne für Asien. Ein Besuch in China sei zwar gewünscht, aber derzeit nicht in Planung. Allerdings wolle er 2018 gerne Indien besuchen, sagte er. Eine ursprünglich für dieses Jahr geplante Reise sei aus organisatorischen Gründen nicht zustande gekommen, verriet der Papst. "Die Planungen für Indien haben sich sehr lange hingezogen, und die Zeit drängte", weil das Programm für Bangladesch schon weit gediehen gewesen sei. "Da habe ich mich für Myanmar entschieden", so Franziskus. Rückblickend sei das "Vorsehung" gewesen. Indien sei so groß, es brauche eine "eigene Reise", so Franziskus.
Zu China sagte der Papst, es sei bekannt, dass er die Volksrepublik gerne besuchen würde. Dies bedürfe aber einer langen Vorbereitung. Derzeit liefen die Beziehungen des Vatikan mit China noch auf einer anderen Ebene, etwa auf der des kulturellen Austauschs. Als Beispiel nannte er eine aktuelle Ausstellungskooperation der Vatikanischen Museen mit chinesischen Kultureinrichtungen. Am Samstag sei Myanmars Staatsrätin Aung San Suu Kyi nach Peking geflogen, sagte Franziskus weiter und deutete an, sie werde dort wohl auch von seinem Besuch in ihrem Land berichten. Es brauche viele Schritte; etliche würden auch schon getan. Man müsse langsam vorangehen, Geduld haben: "Aber die Tore des Herzens sind geöffnet", so das Kirchenoberhaupt.
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Die Beziehungen des Vatikan zur Volksrepublik China sind traditionell schwierig; sie verbessern sich nach Ansicht von Beobachtern derzeit aber leicht. Zu den Problemen gehört etwa, dass Peking Bischofsernennungen durch den Papst als Einmischung in innere Angelegenheiten betrachtet. Religionsfreiheit ist in China nur begrenzt gewährleistet. Bislang pflegen die Volksrepublik und der Heilige Stuhl keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zueinander, Verhandlungen dafür laufen seit Jahren. Mit Myanmar wurde erst im Mai 2017 ein Botschafteraustausch vereinbart.
Besitz von Atomwaffen ethisch nicht mehr vertretbar
Weiter bekräftigte Franziskus auf dem Flug erneut seine Kritik am Atomwaffenbesitz. Anders als noch in 1980er Jahren seien nukleare Abschreckung und der Besitz von Atomwaffen heute nicht mehr ethisch vertretbar, sagte er und nannte vor allem die "Irrationalität" von Nuklearwaffen als Grund. Man befinde sich hier "an der Grenze des Erlaubten", so Franziskus. Mit dem heutigen Stand der Technik sei es möglich, die gesamte Menschheit - oder den größten Teil von ihr - auszulöschen. Zwar sei das keine Frage des päpstlichen Lehramtes, aber eine Frage, die ein Papst sich stellen müsse, sagte Franziskus: "Heute ist es unzulässig, Nuklearwaffen zu besitzen."
Der Papst beantwortete die Frage eines Journalisten, was sich seit den 1980er Jahren in der Welt verändert habe. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) habe noch 1982 in einem Brief an die UN-Vollversammlung geschrieben, die Politik der nuklearen Abschreckung sei insofern "moralisch gerechtfertigt", als sie damals einen Krieg verhindert habe und die beteiligten Partner daran arbeiteten, sie abzubauen.
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Mitte Oktober hatte der Vatikan eine internationale Konferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag organisiert, dem Anfang Juli in New York 134 Staaten zugestimmt hatten. Dabei hatte Franziskus nicht nur die Anwendung von und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt, sondern bereits ihren Besitz. Diese Äußerung hatte für Diskussionen gesorgt. Etliche, vor allem auch Katholiken in den USA, sehen in der grundsätzlichen Verurteilung von Nuklearwaffen eine Änderung der kirchlichen Lehre.
Allerdings hatten sowohl Johannes Paul II. wie auch die westdeutschen und die US-Bischöfe ihre damalige einstweilige moralische Duldung an Bedingungen geknüpft. Und schon Benedikt XVI. (2005-2013) hatte in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2006 die rechtfertigende Argumentation der Atommächte als "verhängnisvoll" und "völlig trügerisch" bezeichnet. Auch Johannes XXIII. (1958-1963) und das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatten Atomwaffen und nukleare Abschreckung verurteilt. (luk/KNA/dpa)