Theologe: "C"-Parteien an christliche Ethik erinnern
Aus der Sicht des katholischen Theologen Karl-Josef Kuschel wird nicht zu viel moralisiert in der Politik und im öffentlichen Diskurs. "Es ist nicht zu viel Moral. Im Gegenteil", sagte Kuschel am Montag im Deutschlandfunk. "Man darf ja wohl eine christliche Partei, die wir in diesem Land glücklicherweise noch haben, die das Christliche im Programm hat, daran erinnern, was die Grundmaximen christlicher Ethik sind!"
Zu diesen Maximen zählt der Theologe etwa die Bergpredigt und die Appelle Jesu an die Barmherzigkeit. Denn dieser frage die Menschen nicht: "Warst du in der richtigen Religion, sondern: Was sind die Werke der Barmherzigkeit. Was du dem Geringsten meiner Brüder getan hast, das habt ihr mir getan. Das bleibt der Orientierungspunkt."
Er sei froh, so Kuschel weiter, wenn in den zum Teil heftigen aktuellen Debatten "einige noch daran erinnern, was die Kernbotschaft des Christlichen ist. Diese Kernbotschaft bleibt, ist zeitübergreifend gültig, muss aber in eine jeweils neue Situation übersetzt werden." Dies sei ein wichtiger Gegenpol "gegenüber einem zynischen Weltbild, einem Un-Menschenbild, das sich um Moral nicht schert und immer meint, das Realitätsprinzip gegen die Ideale ins Spiel bringen zu müssen".
Di Fabio kritisierte vor allem katholische Kirche
Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio hatte den Kirchen vor kurzem eine "Hypermoralisierung" vorgeworfen, insbesondere in den Debatten über die Flüchtlingspolitik. Stattdessen müsse es sachliche Diskussionen geben über die Frage, wie viele Menschen ins Land gelassen werden könnten. Nach den Worten von Di Fabio ist der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bereits etwas zurückgerudert. "Die katholische Kirche bleibt weiter hartnäckig auf ihrem Kurs", kritisierte er.
Auch der Dresdener Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt hatte betont, das Migrationsproblem sei nach dem Motto "Wir schaffen das schon" und durch Moralisieren nicht zu lösen. Das Argument, dass es zur Aufnahme der Flüchtlinge keine Alternative gebe, weil sie nun einmal da seien, führe zu einer Selbstaufgabe.
Auf katholischer Seite hatte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, davor gewarnt, Kritiker moralisch zu stigmatisieren. In der Debatte um den Familiennachzug für Migranten dürfe man eine gegenteilige Meinung "nicht einfach als unchristlich abtun", auch wenn "wir in der Abwägung der Güter zu einem anderen Ergebnis kommen". Hinter dem vehementen Eintreten kommunaler Spitzenvertreter und Spitzenverbände für die weitere Aussetzung des Familiennachzugs stehe die "nachvollziehbare Sorge um die Grenzen der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit vor Ort", sagte Sternberg auf der ZdK-Vollversammlung im November. (bod/KNA)