Bund und Länder wollen Vorgehen mit Kirchen besprechen

De Maiziere kritisiert Praxis des Kirchenasyls

Veröffentlicht am 11.12.2017 um 11:15 Uhr – Lesedauer: 
Asyl

Berlin ‐ Vor zwei Jahren haben sich Kirchenvertreter und Regierung auf eine abgestimmte Vorgehensweise beim Kirchenasyl verständigt. Nun übt Bundesinnenminister Thomas de Maiziere Kritik an der Umsetzung.

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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat die Praxis des Kirchenasyls kritisiert. Die Zahlen seien "höher als erwartet", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Zwischen August 2016 und Oktober 2017 seien dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 1.690 Kirchenasylfälle für 2.225 Menschen gemeldet worden. "Darüber wollen Bund und Länder mit den Kirchen sprechen." Ein Fall kann mehrere Personen, etwa Familien, umfassen.

De Maiziere sagte: "Kirchenasyl muss, wenn überhaupt, immer ultima ratio sein, ein allerletztes Mittel." Es sei eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die Kirchen die staatlichen Stellen über jeden Fall informieren. "Das klappt leider nicht immer." Die Kirchen beriefen sich auf ihre humanitäre Verantwortung. Allerdings würden "humanitäre Gesichtspunkte auch in den staatlichen Verfahren geprüft und berücksichtigt".

Bund und Länder wollen mit den Kirchen die bestehende Praxis beim Kirchenasyl neu beraten. Als Termin ist Anfang des Jahres anvisiert, hatte de Maiziere zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Leipzig angekündigt. Dabei sollen die vor einigen Jahren mit den Kirchen getroffenen Vereinbarungen neu bewertet werden. De Maiziere sprach von einem sensiblen Thema.

Seit 2015 abgestimmte Vorgehensweise beim Kirchenasyl

In den vergangenen Tagen hatten die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), deutlich steigende Fallzahlen beim Kirchenasyl kritisiert.

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, die von Abschiebung bedroht sind. Zuletzt ist die Zahl der Fälle wegen der hohen Flüchtlingszahlen gestiegen. Einen ähnlichen Anstieg hatte es in den 1990er Jahren gegeben, vor allem seit der Verschärfung des Asylrechts 1993. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten. Mit der Entwicklung rechtsstaatlicher Systeme verlor das Kirchenasyl an Bedeutung und wurde im 18. und 19. Jahrhundert in den meisten Ländern abgeschafft. Kirchlicherseits gibt es seit dem neuen Kirchenrecht 1983 offiziell kein Kirchenasyl mehr.

2015 hatten sich Kirchenvertreter mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf eine abgestimmte Vorgehensweise beim Kirchenasyl verständigt. Dazu zählt, dass sowohl die kirchlichen Vorgesetzten als auch die Behörden rechtzeitig über solche Fälle informiert werden. Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" geht zurzeit von "348 aktiven Kirchenasylen mit mindestens 531 Personen" aus. Die katholischen Bischöfe haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das Kirchenasyl kein übliches Instrument der kirchlichen Arbeit für Flüchtlinge, sondern "ultima ratio" sei. (bod/KNA)