Urbi et Orbi: Der größte Segen der Welt
Blasiussegen, Fahrzeugsegnung oder Wettersegen: Die katholische Kirche kennt viele besondere Segenshandlungen. Aber keine dürfte weltweit so bekannt sein wie der "Urbi et Orbi": Normalerweise zweimal im Jahr spendet der Papst diesen besonderen Segen. Jeweils am Ostersonntag und am Weihnachtstag findet das traditionsreiche Zeremoniell statt. Dabei hat es im Laufe der Geschichte schon manche Veränderung erlebt.
Rom als "Mutter und Haupt aller Kirchen"
Im Mittelalter entwickelte sich der Ritus, der heute zu den bekanntesten der Kirche überhaupt zählt. Sein Name verweist dabei auf den sich etwa zur gleichen Zeit entwickelnden Anspruch des Papstes, Führer der weltweiten Christenheit zu sein: "Urbi et Orbi" heißt auf Deutsch "der Stadt und dem Erdkreis". Diese Formulierung findet sich auch auf der Fassade der Lateranbasilika, der Bischofskirche des Papstes. Diese sei "omnium urbis et orbis ecclesiarum mater et caput", also "Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises".
Den Anspruch, sich an alle Gläubigen der Kirche zu richten, hatten die Päpste schon lange, bevor es moderne Kommunikationswege möglich machten. Um möglichst viele mit ihrem Segen auch tatsächlich zu erreichen, wurde der "Urbi et Orbi" daher in früheren Zeiten deutlich häufiger gespendet, etwa zu den anderen großen Hochfesten des Kirchenjahres. Auch fand die Zeremonie bis zum Untergang des Kirchenstaates im Jahr 1870 regelmäßig an einer der päpstlichen Basiliken außerhalb des Vatikan statt. Empfangen konnte ihn jeder, der den Papst dabei sehen und hören konnte. Dazu wurde an den Kirchen jeweils ein besonderer Balkon – die sogenannte Benediktionsloggia – errichtet, von dem aus die oft große Zahl an Gläubigen zu überblicken war.
Heute wird der Segen nur noch am Petersdom im Vatikan gespendet und das auch in der Regel nur zweimal jährlich zu Ostern und Weihnachten. Eine Ausnahme bildet das Ende des Konklaves: Wenn nach der erfolgreichen Wahl der neue Papst erstmals den Gläubigen präsentiert wird, spendet der Pontifex auch zum ersten Mal den Segen "Urbi et Orbi". Eine bedeutende Neuerung brachte Papst Paul VI. in die Tradition des "Urbi et Orbi" ein. Zu Ostern und Weihnachten ergänzte er den in der Liturgiesprache Latein gesprochenen Segen mit Festtagsgrüßen an die Gläubigen in aller Welt – und zwar in deren Muttersprachen. So wünschten auch seine Nachfolger, Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI., in dutzenden Sprachen frohe Ostern oder Weihnachten. Papst Franziskus setzte diese Tradition nicht fort, richtet sich aber wie seine Vorgänger vor dem eigentlichen Segen stets mit einer kurzen Ansprache an die Welt.
Gesegnet werden via Radio, TV und Internet
Bereits auf Papst Pius XII. geht eine weitere wichtige Veränderung der Segenstradition zurück. Im Jahr 1939 erklärte er, dass der Segen nicht nur von den auf dem Petersplatz versammelten, sondern auch von den Gläubigen vor Radiogeräten in aller Welt empfangen werden kann. Papst Johannes Paul II. erweiterte dies im Jahr 1985 zunächst auf das Fernsehen. In der Ankündigung des Segens ist heute von "Radio, Fernsehen und den neuen Kommunikationsmedien" die Rede.
Besondere Bedeutung hat diese Festlegung des Gültigkeitsbereichs, da mit dem Segen "Urbi et Orbi" ein sogenannter vollkommener Ablass verbunden ist. Damit werden allen Empfängern die Strafen für ihre Sünden erlassen. Voraussetzung für die Gültigkeit sind jedoch die "üblichen Bedingungen", wie es die Kirche nennt. Dazu gehört grundsätzlich, die Sünde tatsächlich abzulehnen. Ferner müssen die Gläubigen vor dem Segen oder in einem kurzen Zeitraum danach die Sakramente der Buße und der Eucharistie empfangen sowie für die Anliegen des Papstes beten. Und natürlich sollten sie dem Segen aufmerksam folgen – egal ob auf dem Petersplatz oder vor dem heimischen Fernsehgerät.
Der Segen "Urbi et Orbi"
P: Sancti apostoli Petrus et Paulus, de quorum potestate et auctoritate confidimus, ipsi intercedant pro nobis ad Dominum. – A: Amen.
P: Die heiligen Apostel Petrus und Paulus, auf deren Machtfülle und Autorität wir vertrauen, sie selbst mögen beim Herrn für uns Fürsprache halten. – A: Amen.
P: Precibus et meritis beatæ Mariæ semper Virginis, beati Michaëlis archangeli, beati Ioannis Baptistæ, et sanctorum apostolorum Petri et Pauli et omnium sanctorum, misereatur vestri omnipotens Deus et, dimissis omnibus peccatis vestris, perducat vos Iesus Christus ad vitam æternam. – A: Amen.
P: Aufgrund der Fürsprache und der Verdienste der seligen immerwährenden Jungfrau Maria, des heiligen Erzengels Michael, des heiligen Johannes des Täufers und der heiligen Apostel Petrus und Paulus und aller Heiligen, erbarme sich eurer der allmächtige Gott und nachdem er alle eure Sünden vergeben hat, führe euch Jesus Christus zum ewigen Leben. – A: Amen.
P: Indulgentiam, absolutionem et remissionem omnium peccatorum vestrorum, spatium veræ et fructuosæ pœnitentiæ, cor semper pœnitens et emendationem vitæ, gratiam et consolationem sancti spiritus, et finalem perseverantiam in bonis operibus tribuat vobis omnipotens et misericors Dominus. – A: Amen.
P: Der allmächtige und barmherzige Herr gewähre euch Nachlass, Vergebung und Verzeihung all eurer Sünden, einen Zeitraum echter und fruchtbarer Reue, ein allzeit bußfertiges Herz und Besserung des Lebens, die Gnade und die Tröstung des Heiligen Geistes und die endgültige Ausdauer in den guten Werken. – A: Amen.
P: Et benedictio Dei omnipotentis, Patris, et Filii, et spiritus sancti, descendat super vos et maneat semper. – A: Amen.
P: Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf euch herab und bleibe bei euch allezeit. – A: Amen.
Der Artikel erschien erstmals am 25. Dezember 2017.